Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
1. Zinsaufwendungen aus der Fremdfinanzierung von Beiträgen zu einer Lebensversicherung, die nicht zu steuerpflichtigen Erträgen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG führt, können gem. § 3c EStG nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden (Fortführung der Senatsrechtsprechung).
2. Dies gilt auch, wenn die Lebensversicherung dazu dient, einen Immobilienkredit einer vom Steuerpflichtigen beherrschten GmbH zu tilgen.
Normenkette
§ 3c Abs. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist beherrschender Gesellschafter einer GmbH. Die GmbH nahm zum Kauf eines Betriebsgrundstücks ein Darlehen bei einem Kreditinstitut auf. Der Kläger wurde in das Finanzierungskonzept dergestalt eingebunden, dass er Lebensversicherungen zur Tilgung des Kredits einsetzen sollte. Die zu entrichtenden Versicherungsbeiträge erhielt er jeweils im Darlehenswege von der Gesellschaft. Bei Ablauf der Versicherungen war die Auszahlung der Versicherungssumme zur Tilgung des insgesamt entstandenen Darlehens zu verwenden. Der Mittelzufluss war von der Gesellschaft zur Tilgung des Immobiliendarlehens zu verwenden.
Der Kläger begehrte erfolglos, die im Zusammenhang mit den Lebensversicherungen stehenden Schuldzinsen aus den von der GmbH gewährten Darlehen als Werbungskosten abzuziehen. Das FG wies die Klage ab (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 2.2.2011, 2 K 287/07, Haufe-Index 2638278, EFG 2011, 1054).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück.
Die zwischen dem Kläger und der GmbH vereinbarten Zinsen auf die sukzessive – in Höhe der Beiträge zu den vom Kläger auf sein Leben abgeschlossenen Lebensversicherungen – gewährten Refinanzierungsdarlehen seien nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung kann auf die Praxis-Hinweise verwiesen werden.
Hinweis
1.Wie lassen sich steuerfreie Erträge aus einer Lebensversicherung zur Immobilienfinanzierung nutzen? Vor allem dann, wenn die Immobilie einer GmbH gehört? Die gestalterische Fantasie ist hier zu originellen Lösungen aufgerufen, die allerdings, wie dieser Fall zeigt, auch fehlschlagen können:
2. Wenn eine GmbH eine Immobilie kreditfinanziert erwirbt, kann man erwägen, dass sie nicht selbst ihr Immobiliendarlehen in Raten tilgt, sondern dass der Gesellschafter für die GmbH Vermögen (in Gestalt von Lebensversicherungen) anspart, das mit Ablauf der Versicherungsverträge dann zur vollständigen Tilgung eingesetzt wird. Teil der diesem Zweck dienenden rechtlichen Konstruktion ist es, die Versicherungsbeiträge aus verzinslichen Darlehen zu erbringen, die die GmbH dem Gesellschafter gewährt. Durch die Verwendung der Ablaufleistungen der Lebensversicherungen tilgen der Gesellschafter – auf abgekürztem Zahlungsweg – seine Schuld bei der GmbH und gleichzeitig die GmbH das Immobiliendarlehen.
3.Diese Gestaltung wirkt genial, ist aber wohl doch ein wenig zu verwegen. Vom Heimwerken kennen wir den Merkspruch für überdrehte Schrauben: "Nach fest kommt lose", der entsprechend auch für steuerlich motivierte Gestaltungen gilt. Es spricht hier in der Tat einiges dafür, dass diese Gestaltung als missbräuchlich i.S.v. § 42 AO zu beurteilen ist. Denn sie führt zu einer planmäßigen Mehrfachbegünstigung des GmbH-Gesellschafters durch Sonderausgabenabzug der Versicherungsbeiträge, Steuerbefreiung der Zinsen aus den Lebensversicherungen und Werbungskostenabzug der an die GmbH geleisteten Kreditzinsen, ohne dass der Gesellschafter wirtschaftlich mit entsprechenden Aufwendungen belastet ist. Zugleich wird damit der GmbH im Ergebnis der Vorteil der steuerfreien Zinsen aus den Lebensversicherungen zugewendet, obwohl dieser Vorteil nach dem Gesetz nur natürlichen Personen zusteht.
4. Der BFH hat hier indes die Anwendbarkeit des § 42 AO offengelassen und der Gestaltung – auf "innentheoretische" Art und Weise – die schlichte Subsumtion unter die einschlägigen Normen entgegengesetzt. Danach ergibt sich Folgendes:
a) |
Die vom Gesellschafter geschuldeten Kreditzinsen sind keine Werbungskosten im Zusammenhang mit seinen Einkünften als Geschäftsführer (§ 19 EStG). Grundsätzlich steht bei dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft der wirtschaftliche Zusammenhang von Aufwendungen mit den Einkünften aus Kapitalvermögen im Vordergrund und verdrängt die Beziehung zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit. |
b) |
Die Kreditzinsen sind auch keine Werbungskosten im Zusammenhang mit den Kapitaleinkünften des Gesellschafters aus seiner Beteiligung an der GmbH (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG).
aa) |
Bei der Ermittlung des für die steuerliche Beurteilung maßgeblichen Veranlassungszusammenhangs kommt es entscheidend auf die tatsächliche Verwendung des aufgenommenen Darlehens an. Im Streitfall diente das Darlehen zur Bezahlung der Versicherungsbeiträge, die zur Erwirtschaftung steuerfreier Zinsen auf den Sparanteil führten. Die Steuerfreiheit der Zinsen aus den Lebensversicherungen schließt gem. § 3... | |