Khai Tran, Felix Navratil
2.1 Klassisches Controlling hat ausgedient
Die bisherige Art der Unternehmenssteuerung, wie sie vor 20 Jahren sinnvoll und richtig war und in einigen Unternehmen bis heute ihren Einsatz findet, ist der heutigen Zeit nicht mehr gewachsen. Dies ist bekannt und in der Literatur hinreichend beschrieben. Auch über die Ursachen herrscht weitgehend Einigkeit: Die digitale Transformation und die damit verbundene "Disruption" bestehender Geschäftsmodelle wirken sich in sehr hohem Maße auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen aus. Die Verfügbarkeit und Vielfalt von Daten steigt weiter und rapide an und damit die Möglichkeiten des Produkt- und Prozessdesigns sowie der Gestaltung neuer Geschäftsmodelle.
Um der Veränderung der Unternehmensumwelt zu begegnen, gibt es die Instrumente Planung, Reporting und Prognose. Allerdings: Sowohl Dynamik als auch Veränderungsdruck werden auf absehbare Zeit weiter zunehmen – das Controlling muss sich daher ebenfalls verändern und an die neuen Gegebenheiten anpassen. Es muss seinen Fokus nicht mehr auf die Optimierung bestehender Geschäfte legen, sondern stärker die Entwicklung und den Aufbau neuer Geschäftsmodelle begleiten und unterstützen. Mit anderen Worten: Die digitale Transformation auf der einen und die Unternehmenssteuerung auf der anderen Seite müssen stärker vereint und ganzheitlich neu gedacht werden. Dafür werden
- digitale Veränderungen strategisch geplant und dynamisch gesteuert,
- Rahmenbedingungen zur Einbindung digitaler Geschäftsmodelle geschaffen und
- Veränderungen am Controlling selbst vorgenommen, um "digitaler" zu sein.
Gelingt dies, so wird das Unternehmen in die Lage versetzt, kurzfristig auf Veränderungen zu reagieren und diese zur langfristigen Weiterentwicklung kontinuierlich zu nutzen. Es wird zum adaptiven Unternehmen.
2.2 Ein digitales Vorbild
Die Firma Zalando ist ein bekanntes und sehr gutes Beispiel für die gelungene Einführung und Skalierung eines neuen Geschäftsmodells sowie die kontinuierliche Weiterentwicklung des Unternehmens selbst. Gestartet in einer dynamischen und volatilen Zeit – das Unternehmen wurde 2008 gegründet – lag der Anspruch von Beginn an auf rasantem Wachstum. Dabei setzte man auf eigenverantwortlich arbeitende Teams und "Radical Agility" als Organisationsansatz, den ein Wegbegleiter so umschrieb: "Die Teams hier bauen keine Elefanten. Das würde Jahre dauern. Sie bauen eine Maus und lassen sie losrennen. Und wenn sie in die falsche Richtung läuft – dann bauen sie halt eine neue Maus."
Unternehmen müssen in der Lage sein, sich kurzfristig anzupassen, so wie es ihnen von Start-ups wie Zalando vorgelebt wird. Insbesondere dann, wenn neue Dinge ausprobiert werden und das wirtschaftliche Umfeld immer schwieriger planbar ist. Es benötigt den Willen, mit der Neigung zu Planung, Prognose und insbesondere Detailverliebtheit zu brechen und stattdessen "diszipliniertes Experimentieren" zu praktizieren. Der Werkzeugkasten der Unternehmenssteuerung wird dabei – in abgewandelter Form – weiterhin eine Daseinsberechtigung haben. In der Welt der datengetriebenen Geschäftsmodelle muss es das Ziel sein, Daten, die in Verbindung mit einem neuen Produkt oder einer neuen Dienstleistung entstehen, von Anfang an im Sinne der Steuerung in (nahezu) Echtzeit zu nutzen. So werden einerseits die Simulation von Zukunftsszenarien und andererseits die technologieunterstützte Ausgestaltung und kontinuierliche Optimierung neuer Geschäftsprozesse ermöglicht. Abb. 1 zeigt die wesentlichen Prozessschritte der Geschäftsmodellinnovation und -validierung, die mit modernen IT-Lösungen unterstützt werden können.
Abb. 1: Entwicklungs- und Validierungszyklus neuer Geschäftsmodelle
2.3 Unternehmenssteuerung neu denken
Michael E. Porter legte in den 1980er Jahren den Grundstein für neue Herangehensweisen im Bereich der Unternehmensführung. So hat der veränderte Ansatz der Wertschöpfungskette zum Ziel, Unternehmen nicht mehr entlang einzelner Bereiche zu organisieren, sondern stattdessen anhand von Prozessketten auszurichten. In diesem Ansatz wurden die Auswirkungen auf das Controlling thematisiert und so u. a. die Prozesskostenrechnung eingeführt. Dass dieses System so wenig eingesetzt wird, liegt insbesondere an dem Aufwand, der anfällt, um die notwendigen Prozesse innerhalb einer Organisation zu definieren. Trotzdem: Die Prozesskostenrechnung ist ein sinnvolles Instrument zur Vermeidung strategischer Fehlentscheidungen in der Kostenrechnung und Preiskalkulation. Passenderweise sind es genau diese Themen, die bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle zu den größten Herausforderungen zählen. Wie genau eine moderne Software helfen kann, diese Probleme zu lösen, wird in Abschnitt 3 näher erläutert.
Wie kann also eine adaptive Steuerung gelingen? Junge Unternehmen haben den Vorteil, dass sie noch keine Silos gebildet haben, weshalb n...