Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
2.1 Anwendungsfälle
§ 17 Abs. 1 UStG bezieht sich auf steuerpflichtige Umsätze i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (Lieferungen und sonstige Leistungen) und erfasst damit sowohl entgeltliche als auch unentgeltliche Ausgangsleistungen. Da bei unentgeltlichen Umsätzen die Bemessungsgrundlage eindeutig durch § 10 Abs. 4 UStG definiert ist, werden sich bei solchen Umsätzen keine Änderungen der Bemessungsgrundlage ergeben. Damit setzt die Änderung der Bemessungsgrundlage einen entgeltlichen Umsatz voraus. Die Grundsätze zur Berichtigung der Bemessungsgrundlage sind sinngemäß auch anzuwenden, wenn es sich um einen innergemeinschaftlichen Erwerb handelt oder wenn der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b UStG schuldet (Reverse-Charge-Verfahren).
Eine Änderung nach § 17 Abs. 1 UStG kann sich sowohl durch eine nachträgliche Erhöhung als auch durch eine nachträgliche Verringerung der Bemessungsgrundlage ergeben.
Typische Fälle der Erhöhung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG sind:
- nachträglich erhobene Teuerungszuschläge,
- nachträglich vereinnahmte Stundungszinsen,
- freiwillige oder unfreiwillige Überzahlungen durch den Leistungsempfänger.
Typische Fälle der Verringerung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG sind:
- Skontoabzug in einem anderen Besteuerungszeitraum, als dem der Leistungsausführung,
- Gewährung von (Jahres-)Bonifikationen,
- nachträglich gewährte Mengenrabatte,
- Rücknahme von Warenumschließungen gegen Rückzahlung eines Pfandgelds (die Abgabe des Pfandguts teilt als Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung, die Rückzahlung des Pfandbetrags führt zu einer Entgeltsminderung)
- Rücknahme von selbstständigen Transporthilfsmitteln (z. B. Paletten, Gitterboxen) gegen Rückzahlung eines Pfandgelds (die Abgabe des selbstständigen Transporthilfsmittels stellt zwar eine eigenständige Lieferung dar, die Rückgabe gegen Rückzahlung eines Pfandgelds ist aber eine Minderung der ursprünglichen Bemessungsgrundlage).
Änderung der Bemessungsgrundlage bezieht sich immer auf bestimmten Umsatz
Änderungen der Bemessungsgrundlage betreffen immer die Umsätze, auf die sie sich beziehen. Damit müssen die Beteiligten insbesondere bei Änderung des Steuersatzes oder einer anderen materiellen Steuerrechtsänderung eine Verbindung zu dem ursprünglichen Umsatz herstellen.
Bezieht sich eine Änderung der Bemessungsgrundlage auf mehrere Umsätze, die unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen (z. B. bei der Gewährung von Jahresboni), muss der leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger nach § 17 Abs. 4 UStG einen Beleg erteilen, aus dem sich die Zuordnung der Rückvergütungen zu den einzelnen Umsätzen ergibt.
Rechnungsangaben bei vereinbarter Entgeltsminderung
Steht die Entgeltsminderung bei der Lieferung dem Grunde nach fest (z. B. bei Bonusvereinbarungen), muss auch schon in der Rechnung auf diese vorab vereinbarte Entgeltsminderung hingewiesen werden. Wenn die Höhe der Entgeltsminderung noch nicht feststeht (z. B. da sie abhängig von der abgenommenen Leistungen berechnet wird), reicht ein Hinweis auf die entsprechende Vereinbarung aus.
2.2 Änderung bei Rückgewähr in Leistungsketten
Eine Änderung der Bemessungsgrundlage kann sich auch innerhalb einer Leistungskette ergeben, bei der aber einzelne Glieder der Kette übersprungen werden. Ein solcher Fall liegt insbesondere vor, wenn der leistende Unternehmer nicht seinem direkten Abnehmer, sondern einem Endabnehmer einer Leistungskette einen Preisnachlass (z. B. durch Preisnachlass- oder Preiserstattungsgutscheine) zuwendet. Auch in diesem Fall liegt eine Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG vor, die zu einer Änderung der abzuführenden Umsatzsteuer beim liefernden Unternehmer führt; dies gilt unabhängig davon, ob der begünstigte Empfänger vorsteuerabzugsberechtigt ist oder nicht. Der nicht von der Preiserstattung begünstigte Zwischenhändler muss seinen Vorsteuerabzug nicht verringern.
Nachweisverpflichtung durch leistenden Unternehmer
Der Unternehmer, der dem begünstigten Abnehmer einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts erstattet oder einen Preisnachlass gewährt und dafür eine Minderung der Bemessungsgrundlage geltend macht, hat das Vorliegen der Voraussetzungen nachzuweisen. Die Nachweise können sich aus der Gesamtheit der Unterlagen ergeben, die beim leistenden Unternehmer vorliegen.
Soweit der von der Rückvergütung Begünstigte ein Unternehmer ist, der zu einem Vorsteuerabzug berechtigt ist, hat dieser seinen Vorsteuerabzug entsprechend zu verringern. In diesem Fall gilt eine Sonderregelung für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs des begünstigten Unternehmers:...