BMF, Schreiben v. 7.11.2013, IV C 5 - S 2378/0-07, BStBl I 2013, 1474
Anwendung des BFH-Urteils vom 13.11.2012, VI R 38/11
Bezug: Erörterung in der Sitzung LSt II/2013 zu TOP 2 Buchstabe b
Mit Urteil vom 13.11.2012, VI R 38/11 hat der BFH entschieden, dass vom Arbeitnehmer veruntreute Beträge nicht zum Arbeitslohn rechnen und dass eine Minderung der Festsetzung einer Lohnsteuer-Entrichtungsschuld durch eine Änderung der Lohnsteuer-Anmeldung unter den Voraussetzungen des § 164 Absatz 2 Satz 1 AO auch nach Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigungen zulässig ist. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder ist das Urteil wie folgt anzuwenden:
1. Vorliegen von Arbeitslohn
Überweist ein Arbeitnehmer unter eigenmächtiger Überschreitung seiner Befugnisse Beträge, die ihm vertraglich nicht zustehen, auf sein Konto, liegt kein Arbeitslohn i.S. des § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG vor. Hingegen gehören versehentliche Überweisungen des Arbeitgebers auch dann zum Arbeitslohn des Arbeitnehmers, wenn sie der Arbeitgeber zurückfordern kann (BFH vom 4.5.2006, VI R 17/03, BStBl 2006 II S. 830).
2. Änderung von Lohnsteuer-Anmeldungen
Die Änderung von Lohnsteuer-Anmeldungen und von Lohnsteuerfestsetzungen ist unter den Voraussetzungen des § 164 Absatz 2 Satz 1 AO auch nach Ablauf des für die Anmeldung maßgebenden Kalenderjahres zulässig. Führt die geänderte Lohnsteuer-Anmeldung zu einer geringeren Lohnsteuer, ist eine Änderung aber nur in Fallgestaltungen zulässig, die mit dem vom BFH entschiedenen Sachverhalt vergleichbar sind. Eine vergleichbare Fallgestaltung liegt vor, wenn sich der Arbeitnehmer die Beträge, für die Lohnsteuer einbehalten worden ist, ohne vertraglichen Anspruch gegen den Willen des Arbeitgebers verschafft hat.
In solch einem Fall hat das FA dem Änderungsantrag ungeachtet der sich aus § 41c Absatz 3 Satz 1 EStG ergebenden Rechtsfolgen zu entsprechen, wenn der Arbeitgeber die nach Maßgabe des § 41b Absatz 1 Satz 2, Absatz 1 Satz 4 oder Absatz 3 Satz 1 EStG bereits übermittelte oder ausgestellte Lohnsteuerbescheinigung berichtigt. Der Arbeitgeber hat die berichtigte Lohnsteuerbescheinigung entsprechend zu kennzeichnen.
Für den Antrag auf Änderung einer Lohnsteuer-Anmeldung ist nach § 41a Absatz 1 Satz 1 EStG das Betriebsstättenfinanzamt zuständig. Der Arbeitgeber hat seinen Änderungsantrag zu begründen; § 41c Absatz 4 Satz 1 EStG gilt entsprechend.
3. Haftung nach § 42d Absatz 1 Nummer 3 EStG
Sind Angaben in der Lohnsteuerbescheinigung unrichtig oder nicht vollständig, haftet der Arbeitgeber nach § 42d Absatz 1 Nummer 3 EStG für die Einkommensteuer (Lohnsteuer), die auf Grund der fehlerhaften Lohnsteuerbescheinigung verkürzt wird.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
EStG § 41c Abs. 3
Fundstellen
BStBl I, 2013, 1474