Leitsatz
Der Steuerpflichtige verletzt seine Mitwirkungspflichten in beachtlichem Maße, wenn er die in der miteingereichten Anlage KSO ausdrücklich gestellte Frage nach eventuellen Renteneinkünften unbeantwortet lässt. Das Finanzamt ist in diesem Fall trotz der Verletzung eigener Ermittlungspflichten befugt, bei nachträglich bekannt gewordenen Renteneinkünften den Einkommensteuerbescheid zu ändern (§ 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO).
Sachverhalt
Die Klägerin wurde für das Kalenderjahr 1999 zusammen mit ihrem im Januar 1999 verstorbenen Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt. Die Steuererklärung enthielt keine Angaben zu einer Rente. Der Einkommensteuerbescheid 1999 wurde am 9. November 2000 erlassen. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Kalenderjahr 2000 fragte das beklagte Finanzamt erstmals nach etwaigen Rentenzahlungen nach. Die Klägerin übersandte daraufhin die Bescheide über die Neuberechnung der Witwenrente vom 9. September 1999 und 25. Juni 2000. Das Finanzamt änderte den Einkommensteuerbescheid 1999 und setzte mit dem Änderungsbescheid vom 19. November 2001 die bislang noch nicht erfassten Rentenzahlungen mit ihrem Ertragsanteil fest. Die Klägerin legte gegen den Änderungsbescheid fristgerecht Einspruch ein. Sie hatte die Rentenzahlung fehlerhaft auf der Anlage N als Versorgungsbezüge eingetragen. Ihr Einspruch hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des FG Rheinland-Pfalz war das Finanzamt berechtigt, den Einkommensteuerbescheid zu ändern (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO). Bei beiderseitigen Pflichtverletzungen scheide eine Korrektur nur aus, wenn die Pflichtverletzung des Finanzamts deutlich überwiegt. Die Klägerin habe durch ihre objektiv irreführenden Angaben in der Einkommensteuererklärung ihre Mitwirkungspflicht in solchem Gewicht verletzt, dass demgegenüber auch eine Ermittlungspflichtverletzung des Finanzamts nicht deutlich überwiege.
Hinweis
Die nicht beantwortete Frage nach Renteneinkünften in der eingereichten Anlage KSO verdrängte nach Ansicht des Gerichts mögliche Ermittlungsfehler des Finanzamts völlig, so dass der Steuerbescheid geändert werden konnte. Ob diese Gewichtung zutreffend ist, wird sich zeigen. Die Klägerin hat Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.05.2003, 5 K 1807/02