Leitsatz

1. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung schließt eine Änderung gemäß § 189 AO 1977 nicht aus.

2. § 189 Satz 3 AO 1977 differenziert nicht zwischen Erst- und Änderungsbescheiden und auch nicht nach dem Rechtsgrund oder dem Umfang der Änderung des Steuermessbescheids. Für die Änderung oder Nachholung der Zerlegung gemäß § 189 Satz 3 AO 1977 ist es daher unerheblich, dass der unanfechtbar gewordene Steuermessbescheid ein Änderungsbescheid gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 ist.

 

Normenkette

AO 1977 § 189

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.06.2000, I R 84/98

Anmerkung

Wenn ein Unternehmer Betriebsstätten in mehreren Gemeinden unterhält, so ist der Gewerbesteuermessbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile zu zerlegen ( § 28 GewStG ). Die Zerlegung ist von Amts wegen oder auf Antrag zu ändern , wenn das FA bei der Zerlegung den Anspruch einer steuerberechtigten Gemeinde auf einen Anteil am Gewerbesteuermeßbetrag nicht berücksichtigt hat ( § 189 Satz 1 AO ). Eine bei der Zerlegung übergangene Gemeinde kann die Änderung des Zerlegungsbescheids innerhalb gewisser zeitlicher Grenzen verlangen.

Es geht dabei vor allem um die Anwendung des § 189 Satz 3 AO . Die Vorschrift verbietet eine Änderung des Zerlegungsbescheids, wenn ein Jahr vergangen ist, seitdem der Steuermeßbescheid unanfechtbar geworden ist, es sei denn, der übergangene Steuerberechtigte hat die Änderung der Zerlegung vor Ablauf des Jahres beantragt.

Im Streitfall war zu entscheiden, was als „Steuermessbescheid” im Sinne des § 189 Satz 3 AO anzusehen ist. Nach Ansicht des BFH ist damit nicht nur ein Erstbescheid, sondern auch ein Änderungsbescheid zu verstehen. Folglich beginnt die Jahresfrist des § 189 Satz 3 AO jeweils erneut zu laufen , sobald ein Gewerbesteuermessbescheid geändert, ein den Steuermessbetrag betreffender Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben oder die vorläufige Festsetzung eines Steuermessbescheids für endgültig erklärt wird. Nach Auffassung des BFH schließt auch der Eintritt der Festsetzungsverjährung die Änderung nach § 189 AO nicht aus. Eine Verkürzung der Frist des § 189 Satz 3 AO , wie sie im Streitfall das FA und das FG für geboten erachteten, würde den übergangenen Steuerberechtigten zusätzlich und unangemessen benachteiligen.

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