Nach dem Kenntnisstand des Verfassers sind bei einigen FG weitere Verfahren mit einer gleichgelagerten Problematik anhängig, die die Frage aufwerfen, wie sich die Beteiligten verhalten könnten oder sollten.
1. Der sicherste Weg
Den wohl sichersten und auch kostengünstigsten Weg bietet der des Ruhens des Verfahrens (§ 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 251 ZPO). Erforderlich sind hier allerdings übereinstimmende Anträge der Verfahrensbeteiligten. Zwar muss insb. die Finanzbehörde einem Antrag des Klägers nicht zustimmen. Und auch nur in Ausnahmefällen dürfte eine missbräuchliche Zustimmungsverweigerung vorliegen (offengelassen vom BFH v. 25.1.1994 – VIII B 103/93, BFH/NV 1994, 726). Allerdings wird ein entsprechendes (empfehlendes) Nachfragen des Gerichts selbst meist keine Verweigerung bewirken, eher im Gegenteil. Die Behörde wird in der Folge in den seltensten Fällen ihre Zustimmung verweigern.
2. Die Sachentscheidung des FG
Auch wenn beim BFH weitere Verfahren in der Sachfrage anhängig werden und diese möglicherweise die Tür gegenläufiger Entscheidungen – dann über die Regelung in § 11 FGO) – öffnen, könnte es sein, dass ein FG sich in die Diskussion aktiv einschalten möchte. Hier sei auf die Vorschrift des § 90a Abs. 2 Satz 2 FGO verwiesen, wonach das FG in einem entsprechenden Gerichtsbescheid die Revision zulassen kann. Es ist dies ein Weg, der eine schnelle (und auch wenig aufwendige) Entscheidung auf der Ebene des FG ermöglicht.
3. Die Rücknahme der Klage
Trotz der BFH-Entscheidung v. 28.4.2023 (BFH v. 28.4.2023 -XI B 101/22, DStR 2023, 1081) ist in dieser Frage das letzte Wort nicht gesprochen. Von daher sollte – selbst bei einer entsprechenden Nachfrage des FG – dieser Weg seitens der Betroffenen nicht gegangen werden. Denn wenn es vielleicht dann schließlich doch zu einer anderslautenden (beraterfreundlicheren) Rechtsprechung kommen sollte, wären die im Sinne einer solchen Verfahrensbeendigung Handelnden möglicherweise in einer äußerst problematischen Haftungssituation; dies, weil es nahe gelegen hat, erst einmal die Entwicklung der Rechtsprechung in dieser sicherlich nicht unstreitigen Frage abzuwarten. Hier mag es dann, wenn ein Ruhen des Verfahrens – aus welchen Gründen auch immer – ausscheidet, sinnvoll sein, die Handhabung dem FG zu überlassen, das den Fall ja ohne weiteres auch "liegen lassen" und so ein faktisches Ruhen bewirken kann.
4. Information des Haftpflichtversicherers
Selbständige Steuerberater und Steuerbevollmächtigte sind nach § 67 StBerG verpflichtet, sich gegen die sich aus ihrer Berufstätigkeit nach den §§ 33 und 57 Abs. 3 Nr. 2 und 3 StBerG ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden zu versichern und diese Berufshaftpflichtversicherung während der Dauer ihrer Bestellung aufrechtzuerhalten. Diese Versicherung gewährt dem Versicherungsnehmer (hier: dem Steuerberater) Versicherungsschutz für den Fall, dass er wegen eines bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit begangenen Verstoßes von einem anderen (hier: dem Mandat) aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts für einen Vermögensschaden verantwortlich gemacht wird. Auch wenn es vielen Berufsangehörigen unangenehm ist: Hier bestehen bestimmte Informationspflichten. So hat der Versicherungsnehmer den Eintritt des Versicherungsfalles, nachdem er von ihm Kenntnis erlangt hat, dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen (§ 30 Abs. 1 VVG). Versicherungsfall ist das Ereignis, mit dessen Eintritt die Leistungspflicht des VR begründet ist (Schwintowski in Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers, Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 4. Aufl. 2021, § 30 VV Rz. 5). Das ist regelmäßig der Fall, wenn sich die versicherte Gefahr verwirklicht hat. In dem jetzigen Stadium der Orientierung seitens der Rechtsprechung muss man dies noch nicht annehmen. Auch muss die Kenntnis positiv vorliegen, da ein Kennenmüssen nicht ausreicht (BGH v. 30.4.2008 – IV ZR 227/06, VersR 2008, 905). Diese Kenntnis wird man indessen spätestens nach einem Hinweis des FG auf die maßgebliche Rechtsprechung des BFH annehmen müssen. Hier wird man kaum damit argumentieren können, dass die Entscheidung v. 28.4.2023 (BFH v. 28.4.2023 -XI B 101/22, DStR 2023, 1081) möglicherweise nochmals in Frage gestellt wird. "Unverzüglich" bedeutet, wie in § 121 BGB, ohne schuldhaftes Zögern.
Beraterhinweis Auch wenn hier möglicherweise noch Unwägbarkeiten bestehen: Ein besonnener Steuerberater wird spätestens nach einem Hinweis des FG seine Haftpflichtversicherung über seinen (potentiellen) Fehler informieren. Wobei im Zuge eines möglichen Haftpflichtprozesses natürlich der Fall weiterer Aufklärung bedarf. So bleibt eine Verfristung der Klage dann ohne entsprechenden versicherungsmäßigen Ausgleich, wenn die Klage materiell keinen Erfolg hätte haben können.