Entscheidungsstichwort (Thema)
Sperrfrist bei eingetretenerRücknahmefiktion in einem vorangegangenen Verfahren. Zulässigkeitsvoraussetzungen erneuter Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Anschluss an einefingierte Rücknahme des Insolvenzantrags ohne Einhaltung einer Sperrfrist
Leitsatz (amtlich)
Im Anschluss an eine gemäß § 305 Abs. 3 S. 2 InsO fingierte Zurücknahme des Insolvenzantrags des Schuldners sind dessen erneute Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen, auf Stundung der Verfahrenskosten und auf Erteilung der Restschuldbefreiung ohne Einhaltung einer Sperrfrist zulässig, wenn die Rücknahmefiktion ausgelöst wurde, weil der Schuldner entgegen § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht innerhalb der letzten sechs Monate vor der Stellung des Eröffnungsantrags erfolglos eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung versucht hatte.
Normenkette
InsO § 305 Abs. 3, § 290 Abs. 1 Nr. 3, § 305 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 2, § 306 Abs. 1
Tenor
… wird das Verfahren über den Eröffnungsantrag fortgesetzt (§ 306 Abs. 1 InsO).
1. Die Durchführung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahrens wird abgelehnt, weil der Schuldenbereinigungsplan nach der freien Überzeugung des Gerichtsvoraussichtlich nicht angenommen wird.
Der von dem Schuldner eingereichte Schuldenbereinigungsplanunterscheidet sich inhaltlich nicht von dem vorgerichtlichen Schuldenbereinigungsplan.
Der von dem Schuldner eingereichte Schuldenbereinigungsplanbietet – wie schon der vorgerichtliche Schuldenbereinigungsplan – den Gläubigern keinerlei Zahlungen an.
Da der vorgerichtliche Schuldenbereinigungsplan mehrheitlichabgelehnt wurde, erscheint die Durchführung eines Schuldenbereinigungsplanverfahrensaussichtslos.
2. Dem Schuldner werden für das Eröffnungsverfahren,das Hauptverfahren und das Restschuldbefreiungsverfahren die Verfahrenskostengem. § 4 a Abs.1, 3 InsO gestundet.
Gründe
Der Schuldner beantragt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen, die Erteilung von Restschuldbefreiung sowie die Stundung der Verfahrenskosten für das Eröffnungsverfahren, das Hauptverfahren und das Restschuldbefreiungsverfahren. Die Anträge sind zulässig.
Insbesondere steht der Zulässigkeit nicht entgegen, dass der Schuldner bereits in dem Vorverfahren 166 IK 302/11 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen, die Erteilung der Restschuldbefreiung und die die Stundung der Verfahrenskosten beantragt hat, wobei die vorgenannten Anträge wegen einer nicht fristgerechten behobenen Beanstandung des Insolvenzeröffnungsantrags gemäß § 305 Abs. 3 S. 2 InsO als zurückgenommen gelten. In dem vorgenannten Verfahren hat der Schuldner den Eröffnungsantrag gestellt, ohne dass zuvor ein gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorgeschriebener außergerichtlicher Einigungsversuch mit den Gläubigern durchgeführt worden wäre.
Zwar hat das Amtsgericht Essen mit Beschluss vom 28. März 2012 in dem Verfahren 166 IK 64 / 12 (abgedruckt in ZInsO 2012, 850-852) entschieden, dass im Anschluss an eine gemäß § 305 Abs. 3 S. 2 InsO fingiert Zurücknahme des Insolvenzantrags des Schuldners dessen erneute Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen, auf Stundung der Verfahrenskosten und auf Erteilung der Restschuldbefreiung erst zulässig sind, wenn seit Eintritt der Rücknahmefiktion eine Sperrfrist von drei Jahren verstrichen ist. In der vorgenannten Entscheidung hat das Amtsgericht entschieden, dass dies zumindest dann gilt, wenn die Zurücknahme wegen der Nichtbehebung solcher Mängel fingiert wurde, die innerhalb der Frist nach § 305 Abs. 3 S. 2 InsO hätten behoben werden können. Dies hat das Gericht damit begründet, dass es in einer solchen Fallkonstellation an einem auf eine effiziente Verfahrensförderung bedachten Verhalten des Schuldners fehle. Offen gelassen wurde die Frage offen gelassen, ob die Sperrfrist bei sämtlichen nicht behobenen Beanstandungen nach § 305 Abs. 3 S. 1 InsO ausgelöst wird oder nur bei solchen, die vom Schuldner innerhalb der Frist hätten nachgeholt werden können. In diesem Zusammenhang ist ausgeführt worden, dass es aus Sicht des erkennenden Gerichts fraglich erscheint, ob Beanstandungen die der Schuldner innerhalb der Frist nicht mehr nachholen kann, eine Sperrfrist nach sich ziehen. Ausdrücklich ist in diesem Zusammenhang der Fall angesprochen, dass die Rücknahmefiktion in dem Vorverfahren deshalb ausgelöst wurde, weil der Schuldner nicht innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung versucht hat.
Das vorliegende Verfahren betrifft den in der vorgenannten Entscheidung offen gelassenen Fall. Auf diese Fallkonstellation treffen die Gründe, die in dem Beschluss vom 28. März 2012 in dem Verfahren 166 IK 64/12 zur Begründung einer Sperrfrist herangezogen worden sind, nicht zu. Ein dahingehender Vorwurf, dass der Schuldner das Vorverfahren nicht effizient gefördert hätte, ist ihm nicht zu mache...