Entscheidungsstichwort (Thema)
Eröffnungsvoraussetzungen für ein Sekundärinsolvenzverfahren insbesondere im Hinblick auf das Unterhalteneiner Niederlassung
Normenkette
EuInsVO Art. 3 Abs. 2
Tatbestand
I. Über das Vermögen der Schuldnerin, einer Gesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in 's-Hertogenbosch, Niederlande, ist mit Beschluss des zuständigen niederländischen Insolvenzgerichts, der Rechtsbank 's-Hertogenbosch, mit Beschl. v. 16.2.2012 das Haupt-Insolvenzverfahren nach niederländischem Recht eröffnet worden.
Die Schuldnerin ist Eigentümerin der im Grundbuch des AG Peine von Peine, Bl. 9188 und 9200 eingetragenen Grundstücke. Hierbei handelt es sich um die frühere sog. „Hertie-Immobilie”. Diese stellt den einzigen Vermögensgegenstand der Schuldnerin dar.
Zugunsten der Antragstellerin ist im Grundbuch eine Gesamtgrundschuld i.H.v. 320.000.000 EUR eingetragen.
Die Antragstellerin beantragt nunmehr die Eröffnung des Sekundär-Insolvenzverfahrens.
Im Rahmen ihres Antrags hat sie die Ablichtung der Grundschuldbestellurkunde des Notars Dr. B, Essen, UR 1010/2005, vorgelegt. In dieser heißt es unter Teil II: „Jeder der zukünftigen Grundstückseigentümer übernimmt gegenüber dem Sicherheitentreuhänder für die Zahlung eines Geldbetrages und der Zinsen und Nebenleistungen die persönliche Haftung, aus welcher der Sicherheitentreuhänder ihn aus der Grundschuld nebst anteiliger Zinsen und Nebenleistungen (…) ohne vorherige Zwangsvollstreckung in die Pfandobjekte in Anspruch nehmen kann und unterwerfen sich in Höhe des Grundschuldbetrages zuzüglich Zinsen und Nebenleistungen wegen dieser Haftung der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in ihr gesamtes Vermögen…”
U.a. hieraus leitet die Antragstellerin ihre Gläubigerstellung gegenüber der Schuldnerin ebenso ab wie aus Teil I Nr. 7 des genannten Vertrags, indem es heißt: "Die zukünftigen Grundstückseigentümer versprechen hiermit dem Sicherheitentreuhänder, ihm einen Geldbetrag in Höhe des Kapitals der soeben bestellten Grundschuld und von heute an der Zinsen daraus in Höhe der Grundschuldzinsen sowie die Nebenleistung zu zahlen. Dieses Versprechen soll die Forderung selbständig begründen.”
Zudem beruft sie sich auf einen Darlehensvertrag v. 2.9.2005.
Die Schuldnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Zuständigkeit des AG Gifhorn nicht gegeben sei, da die Schuldnerin in Peine keine Niederlassung i.S.v. Art. 3 Abs. 2 EuInsVO unterhalte. Sie bestreitet i.Ü. die Gläubigerstellung der Antragstellerin.
Das Gericht hat mit Beschl. v. 25.7.2012 die Einholung eines Sachverständigengutachtens in Auftrag gegeben. Auf den Inhalt des daraufhin vom Sachverständigen, Rechtsanwalt K, erstellten Gutachtens wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. 1. Der Antrag ist zulässig.
a. Die Antragstellerin ist zur Stellung des Sekundär-Insolvenzantrags berechtigt. Sie hat gem. Art. 29 lit. b EuInsVO i.V.m. § 14 InsO hinreichend glaubhaft gemacht, Inhaberin einer gegen die Schuldnerin gerichteten Forderung zu sein. Die über eine schlüssige Darlegung der Forderung (vgl. LG Potsdam, ZInsO 2002) hinausgehende Glaubhaftmachung derselben bedeutet, dass es nicht des vollen Beweises des Bestehens derselben bedarf, sondern bereits die überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreicht (OLG Köln, ZInsO 2002, 772, 773 f.; LG Potsdam, ZInsO 2005, 499, 500). Ein vollständiger Beweis ist nicht erforderlich. Das gilt auch und gerade dann, wenn die Tatsache bestritten ist (MünchKomm-InsO/Schmahl, 2. Aufl., § 14 Rn. 15).
Zur Glaubhaftmachung kann sich der Gläubiger gem. § 4 InsO i.V.m. § 294 ZPO aller Beweismittel bedienen.
Die Antragstellerin hat hinreichend schlüssig dargelegt und durch die Vorlage umfangreicher Verträge auch zur Genüge glaubhaft gemacht, Inhaberin einer gegen die Schuldnerin gerichteten fälligen Forderung zu sein.
Der Vortrag der Schuldnerin vermag die von der Antragstellerin vorgenommene Glaubhaftmachung ihrer Gläubigerstellung nicht zu erschüttern. Insbesondere reichen die von der Schuldnerin vorgelegten – i.Ü. auch nicht im Einklang mit § 184 GVG stehenden – Unterlagen zur Gegenglaubhaftmachung nicht aus. Die Schuldnerin beruft sich zwar pauschal darauf, die Antragstellerin habe ihre Forderungen an eine Deco 7 – Pan Europe 2 p.l.c. nebst Sicherheiten abgetreten, beschränkt ihren Vortrag unter Vorlage entsprechender Unterlagen jedoch darauf, die Deco 7 habe die „Forderungen aus den German Loans” nebst Sicherheiten erworben, um zugleich einzuräumen, die Antragstellerin halte als „Security Trustee” die für das Darlehen gestellten Sicherheiten. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der rechtlichen Konstruktion des damit in Verbindung stehenden „parallel debt” nach deutschem Recht ist bereits nicht hinreichend vorgetragen, dass die Antragstellerin sich damit sämtlicher gegen die Schuldnerin gerichteter Forderungen und ggf. Sicherheiten begeben habe. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass neben den Kreditverbindlichkeiten stehende weitere persönliche Forderun...