Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechtigung zur Stellung eines Antrags auf Versagung einer Restschuldbefreiung durch einen nicht vom Schuldner benannten Gläubiger ohne Kenntnis vom Abschluss des Insolvenzverfahrens. Glaubhaftmachung einer Forderung durch einen Gläubiger in einem Insolvenzverfahren. Versagungsgründe für eine Restschuldbefreiung nach Rechtskraft des Ankündigungsbeschlusses. Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bei versäumter Antragstellung zur Versagung der Restschuldbefreiung. Analoge Anwendung des § 296 Abs. 1 S. 2 der Insolvenzordnung (InsO) bei Kenntniserlangung von einem Versagungsgrund im Sinne von § 290 Abs. 1 der InsO nach Abhaltung des Schlusstermins. Gefährdung von Gläubigerechten in Folge der Verletzung von Mitwirkungspflichten eines Schuldners durch unterlassene Angaben zu weiteren Insolvenzgläubigern. Rüge einer Verletzung von Mitwirkungspflichten im Insolvenzverfahren in einem Antrag auf Versagung einer Restschuldbefreiung
Leitsatz (redaktionell)
1. Einen Antrag nach § 296 InsO auf Versagung der Restschuldbefreiung kann auch ein Gläubiger stellen, der vom Schuldner nicht benannt worden ist und erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens von diesem Kenntnis erlangt hat.
2. Nach dem Schlusstermin ist ein auf § 290 Abs. 1 InsO gestützter Versagungsantrag nicht mehr zulässig. Die Versagungsgründe sind präkludiert. Wird der Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 InsO aber erst nach dem Schlusstermin bekannt, ist § 296 Abs. 1 S. 2 InsO analog anwendbar. Der Gläubiger muss dann innerhalb eines Jahres nach dem Zeitpunkt, in dem ihm der Versagungsgrund bekannt geworden ist, einen Versagungsantrag stellen.
3. Der Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist nicht gegeben, wenn eine knapp über der Unwesentlichkeitsgrenze von 500,00 EUR liegende Forderung, die 0,19% der Hauptforderungen ausmacht, nicht im Gläubiger- und Forderungsverzeichnis angegeben wird. Das bloße Vergessen bzw. Übersehen einer solchen Forderung ist nachvollziehbar.
Normenkette
InsO § 290 Abs. 1 Nrn. 1-5, §§ 295, 296 Abs. 1 Sätze 1-3, § 300 Abs. 2, § 305 Abs. 1 Nr. 3; ZPO § 233
Tenor
In dem Restschuldbefreiungsverfahren über das Vermögen des … wird der Antrag der beteiligten Insolvenzgläubigerin … vom 23.01. 2007 der Schuldnerin …. die Erteilung der Restschuldbefreiung zu versagen zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Schuldnerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 24. 06.2003 zum Restschuldbefreiungsverfahren zugelassen. Das Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss vom 29.07.2003 aufgehoben.
Mit Schriftsatz vom 23.01.2007 stellte die beteiligte Gläubigerin Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gegenüber der Schuldnerin. Der Antrag wurde damit begründet, dass die Schuldnerin trotz Schriftverkehr zu der im Antrag näher bezeichneten Forderung aus dem Jahre 1996 ff und zu dem im Antrag ebenfalls näher bezeichneten Mahn- und Vollstreckungsbescheid sowie dem neuerlichen Schriftverkehr aus dem Jahre 2006 die Forderung nicht im Insolvenzverfahren bekannt gegeben habe. Aufgrund des Schriftverkehrs und der persönlichen Kontakte gehe die Gläubigerin davon aus, dass es sich nicht um ein Versehen, sondern um eine vorsätzliche Handlung handle. Die Höhe der Forderung beträgt 512,45 EUR zuzüglich 9% Zinsen aus 495,12 EUR.
Sowohl die Schuldnerin als auch der Treuhänder wurden zu dem Antrag der Gläubigerin gehört. In seiner Stellungnahme vom 09.02.2007 teilte der Treuhänder mit, dass die von der Gläubigerin behauptete Verletzung der Mitwirkungspflicht im Insolvenzverfahren nur in einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 InsO gerügt werden könne und dass ein solcher Antrag im Schlusstermin zu stellen sei. Da dies offensichtlich nicht erfolgt sei, sei die jetzige Rüge verspätet. Einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung nach §§ 300 Abs. 2, 296 Abs. 1 InsO hält der Treuhänder für unbegründet, da nicht erkennbar sei, dass die Schuldnerin die in § 295 InsO aufgeführten Obliegenheiten verletzt habe. Durch die behauptete Pflichtverletzung, so der Treuhänder weiter, sei die Befriedigung der Insolvenzgläubiger nicht beeinträchtigt worden, da an die Insolvenzgläubiger eine Quote von 0,00% ausgezahlt worden sei. Selbst bei Kenntnis des Insolvenzverfahrens wäre an die Gläubigerin keine Auszahlung erfolgt.
In ihrer Stellungnahme vom 07.02.2007 teilt die Schuldnerin über ihren Verfahrensbevollmächtigten mit, dass sie sich an die Zustellung eines Vollstreckungsbescheides der Gläubigerin nicht erinnern könne. Sie bestreitet dies allerdings auch nicht. Auch den von der Gläubigerin vorgetragenen Schriftverkehr aus dem Jahre 1996 bestreitet sie nicht. Der von der Gläubigerin angeführte Mahn- und Vollstreckungsbescheid sei, so die Schuldnerin weiter, offensichtlich nicht bei den Geschäftsunterlagen gewesen, die sie zur Erstellung des Insolvenzantrages an die Diakonie weitergeleitet habe. Nach Ansicht der Schuldnerin habe im Jahre 1998 kein Vollstreckungsversuch stattgefunden, da ansonsten auch eine eidesstattlich...