Verschuldensunabhängige Haftung: Sofern sich der Leistungsempfänger keine Freistellungsbescheinigung vorlegen lässt, ist seine Haftung unabhängig vom Verschulden (Tz. 70 des BMF-Schreibens).
Zweistufige Prüfung: Dabei ist – wie bei anderen Haftungsnormen – die Haftungsprüfung zweistufig, nämlich
- zuerst sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Haftungsnorm des § 48a Abs. 3 EStG zu prüfen und
- sodann ist vom FA eine Ermessensausübung nach § 5 AO vorzunehmen (vgl. Tz. 71 des BMF-Schreibens).
Beachten Sie: Letzteres ist vom Finanzgericht nur in den Grenzen des § 102 FGO gerichtlich überprüfbar.
a) Akzessorietät der Haftung
Was die Akzessorietät der Haftung anbelangt – also, dass die Haftungsschuld abhängig vom Bestand der Steuerschuld ist – so bezieht sich die Akzessorietät
- auf die Bauabzugsteuer und
- nicht auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuerschuld des Leistungserbringers
(Tz. 71 des BMF-Schreibens). Beachten Sie: In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass die Finanzverwaltung die im BMF-Schreiben v. 27.12.2002 unter Tz. 73 enthaltene Formulierung, dass die Haftung auch bei Steuerschulden in Betracht kommt, die entstehen könnten, gestrichen hat.
b) Ausschluss der Haftung
Vorlage einer Freistellungsbescheinigung: Die Haftung ist ausgeschlossen, wenn sich der Leistungsempfänger eine Freistellungsbescheinigung vom Leistungserbringer hat vorlegen lassen, auf deren Rechtmäßigkeit er vertrauen darf (§ 48a Abs. 3 S. 2 und 3 EStG).
Auf die Rechtmäßigkeit dieser Bescheinigung kann der Leistungsempfänger nicht vertrauen, wenn ihm die mangelnde Rechtmäßigkeit
- bekannt bzw.
- in Folge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.
Grobe Fahrlässigkeit: Im BMF-Schreiben v. 27.12.2002 war unter Tz. 74 noch ausgeführt, dass das Unterlassen einer diesbezüglichen Nachfrage beim FA oder elektronischen Abfrage beim BZSt (§ 48b Abs. 6 EStG) für sich alleine betrachtet noch keine diesbezügliche grobe Fahrlässigkeit begründet. Beachten Sie: Diesen Zusatz enthält das aktuelle BMF-Schreiben nicht, so dass man unterstellen kann, dass die Finanzverwaltung nunmehr aus den unterlassenen Überprüfungen des Leistungsempfängers eine diesbezügliche grobe Fahrlässigkeit herleitet.
Beraterhinweis Um der Haftung für die Bauabzugsteuer zu entgehen, sind die vom Leistungserbringer vorgelegten Freistellungsbescheinigungen
- auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen und
- diese Überprüfung ist zu dokumentieren.
c) Durchsetzung der Haftung
Die Haftung wird
- durch Haftungsbescheid (§ 191 AO) oder
- mittels Steuerfestsetzung nach § 167 Abs. 1 AO (Nachforderungsbescheid)
durchgesetzt, wobei in beiden Fällen der Haftungstatbestand des § 48a Abs. 3 EStG erfüllt sein muss. Beachten Sie: Die Wahl des Verfahrens muss vom FA nicht näher begründet werden. Der Nachforderungsbescheid hat für die Finanzverwaltung allerdings den Vorteil, dass Ermessenserwägungen nicht erforderlich sind (Tz. 76 des BMF-Schreibens).
Anrechnung auf Steuerschuld: Eine Anrechnung nach § 48c EStG auf die Steuerschuld des Leistungserbringers erfolgt
in Anspruch genommen wird (Tz. 86 des BMF-Schreibens).