Darstellung der wesentlichen Änderungen
[Ohne Titel]
Dr. Matthias Gehm
Das BMF hat mit Schreiben v. 19.7.2022 (BMF v. 19.7.2022 – IV C 8 - S 2272/19/10003 :002 – DOK 2022/0652449, EStB 2022, 380 [Gehm] [in dieser Ausgabe]) das Schreiben v. 27.12.2002 (BMF v. 27.12.2002 – IV A 5 - S 2272 - 1/02, BStBl. I 2002, 1399 = EStB 2003, 58 [Meurer], ergänzt durch BMF v. 4.9.2003, BStBl. I 2003, 431 und BMF v. 20.9.2004, BStBl. I 2004, 862) – zur Bauabzugsteuer ersetzt. Die wesentlichen Änderungen – teilweise auf neuerer Rechtsprechung, teilweise auch auf gesetzlichen Änderungen beruhend – sollen in diesem Beitrag vorgestellt werden.
1. Begriff der Bauleistung
In Tz. 4 des BMF-Schreibens nimmt das BMF nunmehr auf die Definition des § 101 Abs. 2 S. 2 SGB III Bezug, was den Begriff der Bauleistung anbelangt; vorher war dies § 211 Abs. 1 S. 2 SGB III. Inhaltliche Änderungen sind damit allerdings nicht verbunden.
Darüber hinaus wird in Tz. 4 des BMF-Schreibens unter Bezugnahme auf den BFH klargestellt, dass der Begriff des Bauwerks auch Brücken, Straßen, Tunnel, Versorgungsleistungen und Windkraftanlagen, aber auch Freiland-Photovoltaikanlagen umfasst, denn auch
können hierunter fallen.
Auch die Installation einer Photovoltaikanlage auf einem Gebäude stellt eine Bauleistung i.S.d. § 48 EStG dar (Tz. 4 des BMF-Schreibens). Der BFH hat diese Frage allerdings bisher unbeantwortet gelassen.
Beachten Sie: In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass ansonsten im Einkommensteuerrecht sogar dachintegrierte Photovoltaikanlagen (z.B. in Form von Solardachsteinen) wie selbständige bewegliche Wirtschaftsgüter nach R 4.2. Abs. 3 S. 4 EStR zu behandeln sind.
Beraterhinweis Wird der Betreiber einer Photovoltaikanlage unternehmerisch i.S.d. § 2 UStG tätig, muss er die Bauabzugsteuer entrichten, sofern nicht die Bagatellgrenze des § 48 Abs. 2 EStG oder die Zweiwohnungsregelung des § 48 Abs. 1 S. 2 EStG zur Anwendung gelangt.
2. Leistender
Inländische ESt-/KSt-Pflicht des Leistungserbringers unerheblich für die Abführungspflicht: Der Steuerabzug ist nach Tz. 23 und 63 des BMF-Schreibens unabhängig davon vorzunehmen, ob der Leistende in Deutschland steuerpflichtig ist.
Grundsätzlich kann sich nämlich der Haftende in Bezug auf seine Einbehaltungs- und Abführungspflichten wegen § 48d EStG nicht darauf berufen, dass wegen eines DBA Einkünfte des Leistenden nicht der deutschen Steuer unterworfen wären. Wegen
- der Akzessorietät der Haftungsschuld gegenüber der Steuerschuld nach § 191 Abs. 5 AO (vgl. Ausführungen unter 7.) und
- des Umstandes, dass es sich bei der Haftung nach § 48a Abs. 3 EStG um eine Haftungsnorm mit Schadensersatzcharakter handelt,
sah es der BFH allerdings ursprünglich als ernstlich zweifelhaft an, dass der Empfänger der Bauleistung für die nicht einbehaltene und abgeführte Abzugsteuer haftet, wenn und soweit eine Steuerschuld des Leistenden aus anderen Gründen als Regelungen eines DBA nicht besteht. Jedoch stellt Tz. 70 des BMF-Schreibens unter Bezugnahme auf aktuellere BFH-Rechtsprechung klar, dass sich der Leistungsempfänger im Haftungsverfahren nicht darauf berufen kann, dass die Gegenleistung beim Leistenden im Inland nicht besteuert werden kann.
Beraterhinweis Die Bauabzugsteuer ist unter Berücksichtigung neuerer Rechtsprechung des BFH unabhängig davon vorzunehmen, ob der Leistungsempfänger im Inland steuerpflichtig ist.
Vgl. aber zur Möglichkeit, Freistellungsbescheinigungen in diesem Zusammenhang bei nicht bestehender inländischer Steuerpflicht zu erlangen: Ausführungen unter 3 d).
3. Freistellungsbescheinigung
a) Formalia
Wie sich aus Tz. 28 des BMF-Schreibens ergibt, wird die Freistellungsbescheinigung unter der Steuernummer ausgestellt, die an den jeweiligen Leistenden für Zwecke der Einkommen- und Körperschaftsteuer vergeben worden ist. Bei Personengesellschaften ist die Steuernummer der Personengesellschaft selbst insofern maßgeblich.
b) Versagungsgründe
Kein abschließender Gefährdungskatalog: Was die Versagungsgründe für die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung anbelangt, so wird in Tz. 32 des BMF-Schreibens darauf hingewiesen, dass der Gefährdungskatalog nach § 48b Abs. 1 S. 2 EStG nicht abschließ...