Die Steuerbefreiung für die Verwaltung von Investmentfonds des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG hat in der Vergangenheit bereits zahlreiche Änderungen erfahren. Unionsrechtliche Grundlage ist Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, der "die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen" von der Umsatzsteuer befreit. Die Mitgliedstaaten haben demnach ein Ermessen, wie sie den Begriff des Sondervermögens im nationalen Recht bestimmen. Hierbei müssen sie die mit der Steuerbefreiung verbundenen Ziele sowie den Neutralitätsgrundsatz beachten. Die Definitionsbefugnis wird zudem von der Harmonisierung des Kapitalmarktrechts in der EU durch die Richtlinie für Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) eingeschränkt.
Im EU-Vergleich behandelte Deutschland die Verwaltung von Wagniskapitalfonds in der Vergangenheit umsatzsteuerlich restriktiv. Bis zum 1.7.2021 unterlagen Verwaltungsdienstleistungen bei Wagniskapitalfonds der Umsatzsteuer. Wagniskapitalfonds erfüllten regelmäßig nicht die Voraussetzungen, die die Finanzverwaltung an die Vergleichbarkeit mit OGAW in Abschn. 4.8.13 Abs. 8 Satz 4 und Abs. 9 UStAE aufstellte. Erst mit dem Fondsstandortgesetz wurde die Steuerbefreiung explizit auf die Verwaltung von Wagniskapitalfonds ausgedehnt. Nach dieser nunmehr nur bis Ende 2023 geltenden Fassung befreite § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG "die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren i.S.d. § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds i.S.d. § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes". Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz wird die Steuerbefreiung für die Verwaltung von Wagniskapitalfonds wieder gestrichen. Dies hat indes nicht die Steuerpflicht der Verwaltungsdienstleistung bei Wagniskapitalfonds zur Folge. Denn für Alternative Investmentfonds (AIF) i.S.d. § 1 Abs. 3 des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) entfällt zugleich das Merkmal der Vergleichbarkeit mit OGAW. Die Verwaltung von Wagniskapitalfonds ist demnach ab 2024 umsatzsteuerbefreit, sofern es sich bei diesen Fonds um OGAW i.S.d. § 1 Abs. 2 KAGB oder um AIF i.S.d. § 1 Abs. 3 KAGB handelt.
Für Fondsverwaltungsdienstleistungen besteht keine Möglichkeit nach § 9 UStG zur Steuerpflicht zu optieren. Aufgrund der Änderung durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz haben Verwalter von Wagniskapitalfonds und anderer AIF i.S.d. § 1 Abs. 2 KAGB deshalb zwingend steuerfreie und damit vorsteuerschädliche Ausgangsumsätze. Ist der Fondsverwalter bisher Empfänger einer Leistung, für die der leistende Unternehmer gem. § 9 Abs. 1 und 2 UStG zur Steuerpflicht optiert hat, entfällt die Optionsmöglichkeit ab 2024. Dies betrifft insbesondere Vermietungsleistungen an Fondsverwalter. Vermieter müssen die betroffenen Mietverträge entsprechend anpassen, um einen unrichtigen Steuerausweis i.S.d. § 14c Abs. 1 UStG zu vermeiden.
Die bereits aufgrund der Erweiterung der Steuerbefreiung durch das Fondsstandortgesetz bestehenden unionsrechtlichen Zweifel an § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG räumt die Änderung durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz nicht aus. Nach bisheriger Rechtsprechung muss ein Fonds mit OGAW vergleichbar sein, um als Sondervermögen nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL begünstigt zu sein. Ob sich der Anwendungsbereich der Steuerbefreiung nach Inkrafttreten der AIFM-Richtlinie erweitert hat, ist ungewiss und sollte mit einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH geklärt werden. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG n.F. könnte deshalb über die unionsrechtlichen Anforderungen hinausgehen. Unternehmer können sich ungeachtet dieser Zweifel auf das nationale Recht stützen. Die Finanzverwaltung wird aufgrund der in Art. 20 Abs. 3 GG angeordneten verfassungsrechtlichen Bindung das nationale Recht anwenden, solange ein Unionsrechtsverstoß nicht gerichtlich festgestellt ist. Daneben besteht für Unternehmer – trotz des den Mitgliedstaaten in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL eingeräumten Spielraums – die Möglichkeit, sich unmittelbar auf das Unionsrecht zu berufen, damit eine mit dieser Bestimmung unvereinbare nationale Regelung unangewendet bleibt.