a) Mitwirkung an einer koordinierten grenzüberschreitenden steuerlichen BP
Eine gemeinsame Außenprüfung mit den Steuerverwaltungen der Länder Belgien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Österreich und Spanien ist zulässig, wenn geprüft werden soll, ob mithilfe eines Franchisemodells Gewinne von den beteiligten Staaten einschließlich Deutschland, in denen Konzerntochtergesellschaften ansässig sind, nach Luxemburg verlagert werden sollen.
§ 30 Abs. 4 Nr. 2a AO erlaubt eine Offenbarung der Verhältnisse eines Steuerpflichtigen, wenn sie durch Unionsrecht vorgeschrieben oder zugelassen ist, wozu auch die Rechtsgrundlagen des zwischenstaatlichen Auskunftsverkehrs gehören.
Koordinierte Außenprüfungen: Unter koordinierten Außenprüfungen werden sowohl in mehreren Staaten gleichzeitig nebeneinander durchgeführte Simultanprüfungen als auch in einem Staat unter Beteiligung ausländischer Bediensteter durchgeführte gemeinsame Prüfungen verstanden, wobei die Rechtsgrundlage für Simultanprüfungen mit ausländischen Finanzbehörden sich für die deutschen Finanzbehörden in § 12 Abs. 1 EUAHiG findet.
Die Rechtsgrundlage für gemeinsame Prüfungen (sog. Joints Audits), bei welcher entweder ausländische Bedienstete an einer Betriebsprüfung in Deutschland oder umgekehrt deutsche Finanzbeamte an einer im Ausland durchgeführten Prüfung teilnehmen, findet sich in §§ 10, 11 EUAHiG.
Austausch der erlangten Informationen: Es ist gesetzlich zulässig, die im Zuge einer Simultanprüfung erlangten Informationen und die für die Vereinbarung der Prüfung im Vorfeld erforderlichen Kenntnisse auszutauschen. Das Tatbestandsmerkmal der "voraussichtlichen Erforderlichkeit" in § 4 Abs. 1 S. 1 EUAHiG verlangt, dass zum Zeitpunkt des Ersuchens und der Informationsweitergabe aus Sicht des ersuchenden Vertragsstaates eine vernünftige Möglichkeit besteht, dass die begehrten Informationen steuerlich relevant sind.
Das Steuergeheimnis kann nur durch aktive Offenbarung von geschützten Informationen oder allenfalls durch pflichtwidriges Unterlassen von gebotenen Schutzmaßnahmen verletzt werden, nicht aber durch die bloße Entgegennahme von Informationen.
FG Köln v. 17.1.2022 – 2 V 827/21, rkr.
b) Akteneinsicht zu anonymer Anzeige: Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO
Hat der Steuerpflichtige einen Anspruch auf vollständige Akteneinsicht (inklusive einer anonymen Anzeige im Betriebsprüfungsverfahren) oder stehen dem die Beschränkungen aufgrund des Steuergeheimnisses i.S.d. § 30 AO entgegen? Das FG entschied dazu:
Bei einer anonymen Anzeige gegen einen Steuerpflichtigen handelt es sich um "personenbezogene Daten" i.S.d. Art. 4 Nr. 1 DSGVO.
Die Gewährung einer Akteneinsicht auf der Rechtsgrundlage des Art. 15 Abs. 1 DSGVO durch die Überlassung einer Kopie der anonymen Anzeige an den Steuerpflichtigen kommt nur in Betracht, wenn i.R.d. vorzunehmenden Interessenabwägung sein Auskunftsinteresse das durch das Steuergeheimnis geschützte Geheimhaltungsinteresse des Anzeigeerstatters überwiegt.
FG Düsseldorf v. 10.8.2022 – 4 K 879/21, Rev. eingelegt, Az. des BFH: II R 35/22
c) Anschlussprüfung: Gerichtliche Überprüfung der Prüfungsanordnung
Zulässigkeit einer BP: Im Rahmen des § 193 Abs. 1 AO sind Außenprüfungen in den Grenzen des Verhältnismäßigkeitsprinzips und des Willkürverbots grundsätzlich unbeschränkt zulässig. Weder der AO noch der BpO 2000 ist zu entnehmen, dass Außenprüfungen nur in einem bestimmten Turnus oder mit zeitlichen Abständen erfolgen dürfen. Dies gilt nicht nur für Großbetriebe, sondern auch für Mittelbetriebe sowie Klein- und Kleinstbetriebe.
Zulässigkeit einer Anschlussprüfung: Anschlussprüfungen sind grundsätzlich zulässig. Weder die AO noch die BpO 2000 schließen weitere Anschlussprüfungen aus.
Eine falsche bzw. sehr missverständliche Behauptung einer durchgeführten Außenprüfung durch das FA in der Einspruchsentscheidung ersetzt keine durchgeführte Prüfung, wenn tatsächlich keinerlei Prüfungshandlungen stattgefunden haben. Wird in diesem Fall später eine Betriebsprüfung tatsächlich durchgeführt, liegt eine Erstprüfung vor.
FG Nürnberg v. 7.7.2022 – 6 K 1075/21, NZB eingelegt, Az. des BFH: X B 118/22