a) Betriebsprüfung: Sachlicher Umfang einer Prüfungsanordnung
In sachlicher Hinsicht erstreckt sich die Wirkung der Ablaufhemmung der Festsetzungsverjährung (§ 171 Abs. 4 AO) grundsätzlich nur auf die in der Prüfungsanordnung bestimmten Prüfungsgegenstände. Deshalb muss die Prüfungsanordnung den Gegenstand der Prüfung klar und eindeutig bezeichnen.
Wird in der Prüfungsanordnung die Betriebsprüfung auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO beschränkt, führt die Betriebsprüfung zu keiner Hemmung der Feststellungsverjährung für die Feststellung nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO betreffend die nach DBA steuerfreien ausländischen Einkünfte unter Progressionsvorbehalt.
FG München v. 6.8.2024 – 12 K 254/18, rkr.
b) Feststellungsbescheid für eine atypische Unterbeteiligung
Für eine atypische Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil ist kein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen durchzuführen.
FG Hamburg v. 19.9.2024 – 6 K 112/23, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 33/24
c) Voraussetzungen für AdV von Grundsteuerwertbescheiden
AdV eines Grundsteuerwertbescheides kommt nur ausnahmsweise in Betracht,
- soweit der Antragsteller den Antrag mit verfassungsrechtlichen Zweifeln an der Gültigkeit der Neuregelungen zur grundsteuerlichen Bemessungsgrundlage im Bundesmodell begründet;
- zusätzlich ist erforderlich, dass ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht, dem der Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukomme (Abgrenzung zu BFH v. 12.4.2023 – I B 74/22 (AdV), GmbHR 2023, R 329).
FG Berlin-Bdb. v. 1.9.2023 – 3 V 3080/23
Beraterhinweis Die beantragte AdV wurde ausschließlich mit verfassungsrechtlichen Zweifeln begründet. Das FG hat ein besonderes berechtigtes Interesse der Antragstellerin nicht festgestellt und den Antrag deshalb abgewiesen. Zu der Frage, ob überhaupt Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen grundsteuerlichen Bewertungsvorschriften bestehen, hat das FG sich nicht geäußert.
d) Anfechtungs- oder Restitutionsklage?
Wird während der Klagefrist eine GmbH im Handelsregister gelöscht und eine Klage durch den (bisherigen) gesetzlichen Vertreter erst nach der Löschung erhoben, ist jene Klage mangels Prozesshandlungsfähigkeit der Klägerin unzulässig.
Wird deshalb jene Klage vor Wiedereintragung der gelöschten GmbH rechtskräftig abgewiesen und danach die gelöschte GmbH auf ihre Beschwerde hin später wieder in das Handelsregister eingetragen, kann die GmbH durch ihren gesetzlichen Vertreter gleichwohl eine neue Klage unter Ausschöpfung einer (Wiedereinsetzungs-) Frist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Wiedereintragung der GmbH erheben. Deshalb ist eine gegen das erste Urteil erhobene Restitutionsklage wegen Subsidiarität unzulässig.
Eine rechtsschutzgewährende Auslegung der Restitutionsklage als neue Anfechtungsklage gegen die für rechtswidrig gehaltenen Bescheide scheidet aus, wenn die Klägerin vorträgt, dass eine neue Klage nicht erforderlich sei und Wiederaufnahmegründe hinsichtlich des ersten Urteils vorliegen.
Hess. FG v. 16.5.2024 – 6 K 551/22, NZB eingelegt, Az. des BFH: XI B 34/24
e) ErbSt: Sachliche Unbilligkeit im zeitlichen Anwendungsbereich des § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1-5 ErbStG a.F.
Sachverhalt: E hatte den Geschäftsbetrieb seines Einzelunternehmens – unter Zurückbehalt der Betriebsgrundstücke – auf eine GmbH übertragen, an der er nur geringfügig und im Übrigen mehrheitlich seine Neffen beteiligt sind. Er verpachtete anschließend die Betriebsstücke im Rahmen einer gewerblichen Verpachtung an die GmbH. Nunmehr überträgt er die Betriebsgrundstücke auf seine Neffen.
Streitig ist, ob
- die Voraussetzungen für eine abweichende Feststellung des Werts des BV gem. § 181 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 163 AO aus Billigkeitsgründen vorliegen und
- in diesem Rahmen das Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 S. 2 Nrn. 1-5 ErbStG i.d.F. d. StVerG v. 1.11.2011 (BGBl. I 2011, 2131 – ErbStG a.F.) niedriger festgesetzt werden kann.
Bisherige rechtliche Würdigung: Die Betriebsgrundstückstücke gehören beim Verpachtungsbetrieb zum Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. Die GmbH ist als selbständige juristische Person – ungeachtet der Beteiligungsverhältnisse – "Dritte" i.S.d. § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 ErbStG a.F. Die Ausnahmeregelungen in § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. a-e ErbStG a.F. sind nicht einschlägig.
Der BFH hatte mit Urteil v. 2.12.2020 (BFH v. v. 2.12.2020 – II R 22/18, GmbHR 2021, 833 = GmbH-StB 2021, 269 [Schwetlik]) entschieden, dass eine teleologische Reduktion oder Erweiterung der Tatbestandsmerkmale der §§ 13a, 13b ErbStG i.d.F. ErbStRG nicht ausschließlich darauf gestützt werden kann, dass die Vorschriften aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG ansonsten verfassungswidrig wären. Die Wirkung der im Urteil des BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, GmbHR 2015, 88 = GmbH-StB 2015, 26 (Schwetlik) angeordneten Weitergeltung darf nicht unterlaufen werden. Es besteht auch kein Anspruch darauf, dass die Betriebsgrundstücke nunmehr nach § 163 Abs. 1 AO im Billigkeitswege nicht als Verwaltungsvermögen eingestuft werden. Soweit die Kläger eine zu eng gefasste Ausgestaltung der Rückausnahmen in § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 ErbStG a.F. innerhalb...