a) Kein Anspruch des Insolvenzverwalters auf Akteneinsicht und Steuerkontoauszug aus Art. 15 DSGVO
Der klagende Insolvenzverwalter begehrt einen Ausdruck aus dem Steuerkonto und Einsicht in die Veranlagungs- und Vollstreckungsakten seiner Insolvenzschuldnerin, einer GmbH.
Der Auskunftsanspruch des Insolvenzschuldners gegenüber der Finanzbehörde aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO geht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gem. § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter über. Der Insolvenzverwalter kann daher den Anspruch nicht in eigenem Namen geltend machen.
Gemäß § 32c Abs. 1 Nr. 2 AO besteht das Auskunftsrecht der betroffenen Person aus Art. 15 DSGVO gegenüber einer Finanzbehörde nicht, soweit die Auskunftserteilung die Finanzbehörde in der Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung zivilrechtlicher Ansprüche oder in der Verteidigung gegen sie geltend gemachter zivilrechtlicher Ansprüche i.S.d. Art. 23 Abs. 1 Buchst. j DSGVO beeinträchtigen würde (vgl. BVerwG v. 25.2.2022 – 10 C 4/20 (7 C 31/17), BVerwGE 175, 62).
FG Hamburg v. 13.6.2022 – 3 K 73/21, rkr., NZB als unbegründet zurückgewiesen (BFH v. 5.12.2023 – IX B 108/22)
b) Verbindliche Auskunft im Rahmen mehrstufiger Umstrukturierungsmaßnahmen eines Konzerns: Einheitlicher Sachverhalt
Streitig ist, ob im Rahmen von mehrstufigen Umstrukturierungsmaßnahmen eines Konzerns insgesamt nur ein einheitlicher Sachverhalt vorliegt, so dass gem. § 89 Abs. 3 S. 2 AO nur eine Gebühr festzusetzen ist, obwohl sich die Rechtsfragen auf einzelne Übertragungen und unterschiedliche Gesellschaften beziehen.
Das FG entschied, dass es für die Frage, wie viele einzelne Gebühren im Rahmen eines Auskunftsverfahrens nach § 89 Abs. 3 S. 1 AO ausgelöst werden, grundlegend auf die Zahl der gestellten Anträge ankommt.
Maßgeblich für die Abgrenzung eines (einzigen) Sachverhalts von einer Mehrheit von Sachverhalten ist bei einem Antrag auf verbindliche Auskunft im Grundsatz das von den Antragsteller(n) geplante Vorhaben, nicht aber, ob das geplante Vorhaben eine oder mehrere steuerliche Rechtsfragen (ggf. auch zu unterschiedlichen Steuerarten) aufwirft. Entscheidend ist nicht ein einzelner Steuertatbestand, sondern die Reichweite des Sachverhalts. Alle Schritte, die der Steuerpflichtige zur Vorbereitung und Umsetzung dieses Vorhabens vorzunehmen beabsichtigt, bilden zusammen einen Sachverhalt. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn zur Erreichung des angestrebten Ziels mehrere Teilschritte vollzogen werden müssen. Eine separate Auskunft über einen einzelnen Teilschritt, an dem der Steuerpflichtige isoliert kein wirtschaftliches Interesse hat, wäre dann wertlos.
Ein einziger Sachverhalt in diesem Sinne kann vorliegen,
- wenn in einem Konzern mehrstufige gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen zur Vereinheitlichung der Beteiligungsstruktur geplant werden, die aus einer anfänglichen Struktur über mehrere Teilschritte in eine Zielstruktur münden sollen, und
- wenn durch die verbindliche Auskunft auf mehreren Beteiligungsebenen abgesichert werden soll, dass die Umstrukturierungsmaßnahmen erbschaft- und schenkungsteuerrechtlich nicht zu jungen Finanzmitteln führen.
FG Berlin-Bdb. v. 9.6.2022 – 9 K 9084/21, Rev. eingelegt, Az. des BFH: II R 39/22
c) GrESt: Anteilsvereinigung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands
Streitig ist die Entstehung von Grunderwerbsteuer aufgrund der Übertragung von Anteilen an einer GmbH i.L. auf einen Gesellschafter. Dazu entschied das FG:
Vereinigung aller Anteile: § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist auch anzuwenden im Falle einer wiederholten, erneuten oder nachfolgenden Vereinigung aller Anteile, die lediglich den ursprünglichen Zustand wiederherstellt.
Erstmalige Anteilsvereinigung: Der in der Literatur verwendete Begriff der erstmaligen Anteilsvereinigung betrifft nur den Fall, dass nach Überschreiten der 95 %-Grenze weitere Anteilserwerbe nicht steuerbar sind – also die Verstärkung der bereits bestehenden Anteilsvereinigung.
Die Steuerbefreiungen in § 3 Nr. 4-7 GrEStG sind auf Erwerbsvorgänge mit Kapitalgesellschaften nicht anwendbar, da diese die persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllen können.
FG Baden-Württemberg v. 18.4.2023 – 5 K 1503/22, Rev. eingelegt, Az. des BFH: II R 13/23
d) Wiedereinsetzungsantrag eines StB
Nach einer BP erließ das FA geänderte KSt-Bescheide. Einen Tag nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist ging beim FA per Fax um 15:43 Uhr ein auf den Vortag datiertes Einspruchsschreiben gegen die KSt-Änderungsbescheide ein. Am gleichen Tag ging per Fax ein weiteres Schreiben des Steuerberaters (StB) beim FA ein, mit dem dieser einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellte. Zur Begründung wurde ausgeführt, man habe eine zuverlässige Botin beauftragt, den Einspruch am gestrigen Tag in den Briefkasten des FA einzuwerfen. Das habe diese allerdings vergessen und den beigefügten Einspruch wieder zurückgegeben. Daher beantrage man Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und hole die versäumte Einspruchsfrist nach.
Das FA forderte das Fristenkontrollbuch sowie das Postausgangsbuch des StB an. Nachdem der StB dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, verwarf das FA die Einsprüche als unzulässig. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden.
Das FG lehnt ebenfalls eine Wiedereinsetzung ab:
Beruft sich ein Berufsträger in einem Antrag auf Wiedereinset...