a) Abrechnungsbescheid über KapErtrSt bei streitigen CumCum-Aktiengeschäften
Die Anrechnung der KapErtrSt bei einem Steuerpflichtigen muss grundsätzlich solange gewährleistet sein, wie ihm auch die darauf bezogenen Kapitalerträge zugerechnet werden. Sind daher in der jüngsten KSt-Festsetzung kapitalertragsteuerpflichtige Dividenden veranlagt, kann die Anrechnung der von Dividenden einbehaltenen KapErtrSt nicht unter Berufung auf das fehlende wirtschaftlichen Eigentum an den Aktien und grundsätzlich auch nicht unter Berufung auf einen (etwaigen) Gestaltungsmissbrauch versagt werden. Vielmehr hat die Festsetzung insoweit Grundlagenwirkung für die Anrechnung.
Daher ist die Untätigkeitsklage (§ 46 FGO) zulässig, wenn das FA als Grund für die Nichtentscheidung über den seit mehr als sechs Monaten anhängigen Einspruch gegen die Ablehnung der Erteilung eines Abrechnungsbescheids die andauernde Untersuchung des wirtschaftlichen Eigentums oder eines Gestaltungsmissbrauchs mitteilt und es die Steuerfestsetzung in Bezug auf die insoweit nicht abschließend geklärte Zurechnung der Dividenden nicht aufgehoben hat.
Im Fall einer Untätigkeitsklage kann das FG das Verfahren nicht nur bei zu früher (noch nicht zulässiger) Klageerhebung, sondern auch bei zulässiger Klageerhebung aussetzen (hier Aussetzung, um dem FA Zeit zur Befassung mit unbehandelten Rechtsfragen zu geben).
Hess. FG v. 12.10.2023 – 4 K 649/22, rkr.
b) Feststellung der die Einlagen übersteigenden umgewandelten Rücklagen als Sonderausweis gem. § 28 Abs. 1 S. 3 KStG
Streitig ist die Feststellung des Sonderausweises nach § 28 Abs. 1 S. 3 KStG. Das FG entschied:
§ 28 Abs. 1 S. 1 KStG fingiert die Reihenfolge der Verwendung von Mitteln im Falle einer Nennkapitalerhöhung. Danach gilt der positive Bestand des steuerlichen Einlagekontos als vor den sonstigen Rücklagen umgewandelt. Nach § 28 Abs. 1 S. 1 KStG wird also im ersten Schritt ein positiver Bestand des steuerlichen Einlagekontos in Nennkapital umgewandelt. Die Umwandlung des positiven Bestands des steuerlichen Einlagekontos erfolgt solange, bis der gem. § 28 Abs. 1 S. 2 KStG maßgebliche Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des Wirtschaftsjahres der Kapitalerhöhung 0 EUR beträgt.
Geht die Erhöhung des Nennkapitals der Körperschaft über den positiven Bestand des steuerlichen Einlagekontos hinaus, werden in Höhe des übersteigenden Betrages im zweiten Schritt die sonstigen Rücklagen der Körperschaft in Nennkapital umgewandelt. Bei den sonstigen Rücklagen handelt es sich um sämtliche Rücklagen der Körperschaft, die nicht im steuerlichen Einlagekonto erfasst sind, also z.B. Gewinnrücklagen, Kapitalrücklagen zzgl. eines Bilanzgewinnvortrags und eines laufenden Jahresüberschusses, soweit die Einstellung des Jahresüberschusses in die Rücklagen beschlossen wurde, abzgl. eines Bilanzverlustvortrags und abzgl. eines laufenden Jahresfehlbetrages. Die in Nennkapital umgewandelten sonstigen Rücklagen sind gem. § 28 Abs. 1 S. 3 KStG als Sonderausweis gesondert festzustellen, soweit sie nicht auf Einlagen der Anteilseigner beruhen.
Der Feststellung des Sonderausweises nach § 28 Abs. 1 S. 3 KStG ist der Bestand des steuerlichen Einlagenkontos, wie er nach § 27 Abs. 2 KStG zum Schluss des letzten Wirtschaftsjahres festgestellt wurde, unter Berücksichtigung der unterjährigen Zu- und Abgänge im steuerlichen Einlagenkonto des laufenden Wirtschaftsjahres zugrunde zu legen. Dass § 28 Abs. 1 S. 3 KStG – anders als § 28 Abs. 1 S. 1 KStG und § 28 Abs. 1 S. 2 KStG – den Begriff "Einlagen" verwendet und nicht vom "Bestand des steuerlichen Einlagekontos" ausgeht, führt nicht dazu, dass die Auslegung des § 28 Abs. 1 S. 3 KStG losgelöst vom steuerlichen Einlagekonto erfolgen dürfte und alle – auch in den Vorjahren "vergessene" und somit bisher nicht festgestellte – Einlagen einbezogen werden könnten.
Der Verweis in § 28 Abs. 1 S. 3 KStG auf die Herkunft des Nennkapitals aus der "Umwandlung von sonstigen Rücklagen mit Ausnahme von aus Einlagen der Anteilseigner stammenden Beträgen" ist also so auszulegen, dass die die Einlagen i.S.d. § 28 Abs. 1 S. 1 KStG und § 28 Abs. 1 S. 2 KStG übersteigenden umgewandelten Rücklagen als Sonderausweis festzustellen sind.
FG München v. 24.10.2023 – 6 K 2838/20, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 41/23