a) Auswirkungen eines unterjährigen Gesellschafterwechsels beim Organträger auf die Höhe des Gewerbeertrages
Streitig sind die Auswirkungen eines unterjährigen Wechsels der Gesellschafter auf Seiten der Organträgerin (GmbH & Co. KG) auf die Ermittlung und die Höhe des maßgebenden Gewerbeertrages. Das FG entschied:
Allein ein unterjähriger Gesellschafterwechsel bei einer KG führt nicht zur Einstellung des Unternehmens nach § 2 Abs. 5 GewStG. In einem solchen Fall ist der Gewerbeertrag auch nicht gem. § 10a GewStG um die Verluste, die auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfallen, zu kürzen. Die Kürzung des Gewerbeertrags nach § 10a GewStG setzt die Unternehmens- und Unternehmeridentität voraus.
Beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft geht der Verlustabzug i.R.d. § 10a GewStG verloren, soweit der Fehlbetrag auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt. Dementsprechend geht der Verlustabzug auch unter, wenn Gesellschafter ihre Gesellschaftsanteile an eine andere Personengesellschaft veräußern, an welcher sie wiederum mit gleichen Anteilen beteiligt sind und dadurch eine doppelstöckige Personengesellschaft bilden.
Organträger und Organgesellschaft einer körperschaftsteuerlichen Organschaft bilden nach der sog. eingeschränkten Einheitstheorie trotz der Betriebsstättenfiktion des § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG kein einheitliches Unternehmen.
Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft einerseits und des Organträgers andererseits sind auf einer ersten Stufe die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften der §§ 8, 9 GewStG zu betrachten und erst auf einer zweiten Stufe ist der selbständig ermittelte Gewerbeertrag der Organgesellschaft mit dem für den Organträger selbst ermittelten Gewerbeertrag zusammenzurechnen.
FG Münster v. 21.3.2023 – 11 K 2517/21 G, Rev. zugelassen
Beraterhinweis Ob der Gewerbeertrag der Organgesellschaft "fortlaufend" oder insgesamt erst zum Ende des WJ dem Organträger zugerechnet wird, ist höchstrichterlich ungeklärt (vgl. Herkens, GmbH-StB 2023, 245 [dort: Anm. 3]). Nach der Rechtsauffassung des FG Münster sind die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften der §§ 8, 9 GewStG ebenso wie ein Verlustuntergang durch einen Gesellschafterwechsel auf einer ersten Stufe bei Organträger und Organgesellschaft separat anzuwenden und erst auf einer zweiten Stufe sind die selbständig ermittelten Gewerbeerträge von Organgesellschaft und Organträger zusammenzurechnen (a.A. Suchanek, FR 2023, 657 (661) in der Anm. zum Urteil).
b) Vermögensverwaltende GmbH: gewerblicher Grundstückshandel und erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG
Die A-GmbH vermietete – als vermögensverwaltende GmbH – eigenen Grundbesitz. In 2013 veräußerte sie – ca. 6 Monate nach Ablauf des 5-Jahres-Zeitraums – 13 Objekte an einen Erwerber. Das Finanzamt versagte die beantragte erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG mit der Begründung, dass die Tätigkeit der GmbH über eine reine Vermögensverwaltung hinausgegangen sei. Die Grenze zum gewerblichen Grundstückshandel sei überschritten worden (vgl. auch Müller, GmbH-StB 2023, 313 [in dieser Ausgabe]).
Das FG entschied, dass die GmbH die Grenze der Vermögensverwaltung nicht überschritten habe. Von einem gewerblichen Grundstückshandel könne im Regelfall ausgegangen werden, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung und Verkauf, d.h. von etwa fünf Jahren, mindestens vier Objekte veräußert würden. Nach der BFH-Rechtsprechung komme dem Fünfjahreszeitraum nur eine indizielle Bedeutung zu, so dass sich dieser Zeitraum bei Hinzutreten besonderer Umstände verlängern könne. Im Streitfall hätten jedoch keine derartigen Umstände vorgelegen. So habe die GmbH mit dem Unternehmensgegenstand Vermietung und Verpachtung keinen "branchennahen" Hauptberuf ausgeübt. Die (branchenüblichen) Tätigkeiten weiterer Gesellschaften, die derselben Unternehmensgruppe wie die GmbH angehören würden, seien der GmbH aufgrund des körperschaftsteuerlichen Trennungsprinzips nicht zuzurechnen.
Weder der Zeitraum, um den die Fünfjahresfrist überschritten worden sei, sei mit ca. 6 Monaten als geringfügig einzustufen, noch habe eine vollumfängliche Fremdfinanzierung vorgelegen. Die hohe Anzahl der Verkäufe rechtfertige ebenfalls nicht die Annahme einer im Erwerbszeitpunkt bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht, da die Veräußerung auf das überraschende Versterben des Gesellschafter-GF – und somit auf ein unvorhersehbares Ereignis – zurückzuführen sei.
FG Münster v. 26.4.2023 – 13 K 3367/20 G, Rev. eingelegt, Az. des BFH: III R 14/23
c) Erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG bei umgekehrter Betriebsaufspaltung
Betriebsaufspaltung – Grundstücksunternehmen als Besitzunternehmen: Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen der Gewerblichkeit überschreitet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Grundstücksunternehmen infolge einer Betriebsaufspaltung als Besitzunternehmen (originär) gewerbliche Einkünfte erzielt.
Kapitalistische Betriebsaufspaltung: Es kann auch eine GmbH Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung sein (sog. kapitalistische Betriebsaufspaltung). Abgrenzung: Eine – die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG...