a) Verfassungsmäßigkeit der Wegzugsbesteuerung nach § 6 Abs. 1 S. 1 AStG
Keine teleologische Reduktion: Der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 1 S. 1 AStG ist nicht teleologisch zu reduzieren. Insbesondere kommt es nicht in Betracht, das aus § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AStG herrührende Tatbestandsmerkmal des Ausschlusses oder der Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in § 6 Abs. 1 S. 1 AStG hineinzulesen.
Verfassungsmäßigkeit der Wegzugsbesteuerung: Die Wegzugsbesteuerung nach § 6 Abs. 1 S. 1 AStG i.V.m. § 17 EStG ist auch bei einer wortlautorientierten Auslegung verfassungsgemäß, denn
- sie verstößt weder gegen die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Ausreisefreiheit
- noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG und
- führt auch nicht im Hinblick auf die Besteuerung künftiger Gewinnausschüttungen der GmbH zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Doppelbesteuerung.
FG Berlin- Bdb. v. 27.4.2022 – 3 K 3072/20
b) Verfassungskonforme Auslegung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG i.d.F. des UntStVereinfG
Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Anwendung der Neuregelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG i.d.F. des UntStVereinfG 2013.
Verfassungskonform einschränkende Auslegung: Die Beschränkung der doppelten Berücksichtigung von Verlusten eines Organträgers oder einer Organgesellschaft im In- und Ausland gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG i.d.F. des UntStVereinfG 2013 findet aufgrund einer verfassungskonform einschränkenden Auslegung der den zeitlichen Anwendungsbereich dieser Norm regelnden Vorschrift des § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG i.d.F. des UntStVereinfG keine Anwendung, wenn noch nicht bestandskräftig abgeschlossene Veranlagungen für VZ vor 2013 solcher Steuerpflichtigen betroffen sind, die ihren Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Inland hatten und deshalb gerade nicht aufgrund der Aufgabe des Erfordernisses des doppelten Inlandsbezugs mit der gleichzeitigen Änderung des § 14 Abs. 1 S. 1 KStG erstmals als Organgesellschaft anerkennungsfähig geworden sind.
FG Düsseldorf v. 30.3.2022 – 7 K 905/19 K G F, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 20/22
c) Keine abkommensrechtliche Minderung der deutschen ESt auf das Gehalt des in Belgien ansässigen GF einer in Deutschland ansässigen GmbH
Im Fall eines abkommensrechtlich in Belgien ansässigen GF einer abkommensrechtlich in Deutschland ansässigen GmbH mindert sich die deutsche ESt auf eine sowohl unter Art. 16 Abs. 2 DBA-Belgien als auch unter Art. 15 DBA-Belgien fallende GF-Vergütung schon wegen des in Art. 15 Abs. 4 DBA-Belgien bestimmten Vorrangs des Art. 16 DBA-Belgien nicht gem. Art. 23 Nr. 2 DBA-Belgien um 8 %.
Hess. FG v. 1.2.2022 – 2 K 254/17, rkr.