a) Verhältnis von § 1 AStG zur vGA
Die Korrekturnorm des § 1 AStG ist jedenfalls dann neben der vGA und anderen Korrekturvorschriften anwendbar, wenn sie zu weitergehenden Berichtigungen führt. Bei ertragsteuerlichen Organschaften ist dabei auch die Ebene des Organträgers zu berücksichtigten, dem das nach § 1 AStG zu korrigierende Einkommen der Organgesellschaft zuzurechnen ist.
FG Hamburg v. 24.3.2023 – 6 K 241/21
b) Unbeschränkte KSt-Pflicht einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Luxemburg
Der für den Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) maßgebende "Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung" befindet sich dort, wo der für die Geschäftsführung maßgebliche Wille gebildet wird, wobei auf die sog. Tagesgeschäfte abzustellen ist.
Erzielt eine Gesellschaft nahezu ihre gesamten Einnahmen aus dem Geschäftsbereich "Vermittlungstätigkeit für andere Gesellschaften", so stellen die eigenen Vermittlungstätigkeiten und nicht die Geschäftstätigkeiten der anderen Gesellschaften die maßgebenden Tagesgeschäfte dar – auch, wenn für die Vermittlungstätigkeit offensichtlich kein besonderer Aufwand erforderlich ist.
FG München v. 28.3.2023 – 7 V 2443/22
c) Ort der Geschäftsleitung bei inländischer faktischer Geschäftsführung
Für die Frage des Orts der Geschäftsleitung (§ 10 AO) kommt es darauf an, wo der für die Geschäftsführung maßgebliche Wille gebildet wird. Nicht entscheidend ist, wie das Ergebnis dieser Willensbildung letztlich umgesetzt wurde. Maßgeblich für die persönliche Zurechnung der Geschäftsleitungstätigkeit ist die Handlung der Personen, die die finale Entscheidungsbefugnis besitzen. Abzustellen ist auf die sog. laufende Geschäftsführung ("Tagesgeschäfte"). Zu ihr gehören die tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb der Gesellschaft mit sich bringt und solche organisatorischen Maßnahmen, die zur gewöhnlichen Verwaltung der Gesellschaft gehören.
FG München v. 5.6.2023 – 7 V 94/23
d) Voraussetzungen für eine grenzüberschreitende Funktionsverlagerung
Eine Funktionsverlagerung liegt nicht vor, wenn weder Wirtschaftsgüter noch sonstige Vorteile oder Geschäftschancen übertragen werden noch eine kausale Verknüpfung zwischen der Übertragung von Vorteilen im weitesten Sinne und der Übertragung der Befähigung, eine Funktion auszuüben, besteht.
FG Nds. v. 16.3.2023 – 10 K 310/19
e) Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus unbeweglichem Vermögen
Streitig ist, ob in Deutschland aufgrund eines Neuabschlusses eines DBA das Besteuerungsrecht für Veräußerungsgewinne aus unbeweglichem Vermögen weggefallen – und daher ein Entstrickungsgewinn entstanden ist. Für das hier streitige DBA-Australien entschied das FG, dass bereits nach Art. 6 DBA-Australien 1972 – und nicht erst mit dem Wirksamwerden des DBA-Australien 2015 – das Besteuerungsrecht für Veräußerungsgewinne aus Immobilien in Australien dem Staat Australien zugewiesen wurde. In Deutschland sind diese Gewinne eines aus der Veräußerung von in Australien belegenen Grundstücks freigestellt.
Hess. FG v. 8.12.2022 – 4 K 1006/20, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 6/23
f) Auflösungsverlust aus einer Beteiligung an einer in der Schweiz belegenen Holding AG
Negative Einkünfte i.S.d. § 17 EStG aus einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft dürfen nur mit positiven Einkünften derselben Art aus demselben Ursprungsland ausgeglichen werden (§ 2a Abs. 2 S. 2 EStG).
Rückausnahme: § 2a Abs. 2 S. 2 EStG findet keine Anwendung, wenn eine Holding nachweist, dass sie im VZ des Verlustabzugs und in den vorangegangenen fünf Jahren aktive Tätigkeiten i.S.d. § 2a Abs. 2 S. 1 EStG entfaltet hat.
Das Halten einer Beteiligung an einer Körperschaft, die ihrerseits die werbende Tätigkeit eingestellt hat und abgewickelt wurde, kann ab diesem Zeitpunkt auf der Grundlage des § 2a Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG nicht mehr als aktive Tätigkeit der Holding qualifiziert werden.
FG Köln v. 27.4.2023 – 11 K 2345/19, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 35/23
g) GrESt-Befreiung bei Anteilsübertragung an niederländische "Stichting Administratiekantoor"
Streitig ist, ob der Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch die Klägerin (Stiftung nach niederländischem Recht in Form der sog. Stichting Administratiekantoor) von der GrESt befreit war.
Die Übertragung der Gesellschaftsanteile an einer – inländischen Grundbesitz haltenden – niederländischen B.V. an eine niederländische Stichting Administratiekantoor gegen die Gewährung von sog. Zertifikaten, kraft derer die wirtschaftliche Anspruchsberechtigung aus diesen Anteilen weiterhin den bisherigen Gesellschaftern zugutekommt, ist nicht von der GrESt befreit, da eine derartige treuhänderische Gestaltung
- weder eine Schenkung darstellt
- noch eine niederländische Stichting als eine einer deutschen Stiftung vergleichbare Rechtsperson ohne mitgliedschaftliche Organisation einer Gesamthandsgemeinschaft i.S.d. § 5 Abs. 1 GrEStG oder einer abhängigen Kapital- oder Personengesellschaft i.S.d. § 6a S. 3 GrEStG gleichgestellt werden kann.
FG Düsseldorf v. 4.5.2023 – 11 K 2851/21 GE, Rev. eingelegt, Az. des BFH: II R 14/23