a) Fremdwährungsverluste im Zusammenhang mit der Aufgabe einer ausländischen Betriebsstätte
Die steuerliche Nichtberücksichtigung von Fremdwährungsverlusten im Zusammenhang mit der Aufgabe einer ausländischen Betriebsstätte verstößt nicht gegen die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit, wenn Deutschland nach dem DBA auf die Besteuerung der Einkünfte aus dieser Betriebsstätte verzichtet hat.
FG München v. 10.7.2023 – 7 K 3340/18, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 45/23
b) Geschäftsbeziehungen zwischen einer ungarischen Kapitalgesellschaft und ihrer inländischen Betriebsstätte
Streitig ist die Besteuerung der inländischen Betriebsstätte einer ungarischen Kapitalgesellschaft. Dazu entschied das FG:
Der Begriff der "Geschäftsbeziehungen" zwischen einem Unternehmen eines Steuerpflichtigen und seiner in einem anderen Staat gelegenen Betriebsstätte nach § 1 Abs. 5 S. 1 AStG i.V.m. § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 AStG umfasst neben Geschäftsvorfällen (anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen) auch gesellschaftsrechtliche Beziehungen.
Die Personalfunktionen stellen den wesentlichen Anknüpfungspunkt für die Zuordnung von Vermögenswerten, Chancen und Risiken und Geschäftsvorfällen zur Betriebsstätte bzw. dem übrigen Unternehmen sowie für die Identifizierung von anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen zwischen beiden Unternehmensteilen dar. Personalfunktionen sind die "Funktionen des Unternehmens, die durch ihr Personal ausgeübt werden".
Dem Wortlaut des § 1 Abs. 5 AStG – und insbesondere dessen Satz 3 – lässt sich nicht entnehmen, dass außerhalb des Anwendungsbereichs des § 1 AStG und insbesondere für die allgemeine Gewinnermittlung nach §§ 4 ff. EStG eine Veranlassungsprüfung (allein) nach den in den jeweiligen Unternehmensteilen ausgeübten Personalfunktionen vorzunehmen wäre.
FG München v. 10.7.2023 – 7 K 1938/22, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 49/23
c) Betriebsstätte bei Einschaltung einer Dienstleistungsgesellschaft
Auch durch die Beauftragung einer Managementgesellschaft oder Betriebsführungsgesellschaft ohne Verfügungsrecht über deren Räumlichkeiten kann unter Umständen eine Betriebsstätte des beauftragenden Unternehmens i.S.d. § 12 S. 1 AO begründet werden, wenn die Gesellschaft aufgrund des zur Verfügung gestellten "sachlichen und personellen Organismus" in der Lage ist, ihrer unternehmerischen Tätigkeit "operativ" nachzugehen. Dies gilt auch für den "reinen Inlandsfall". Eine eigene unternehmerische Tätigkeit kann z.B. dann angenommen werden, wenn aufgrund der Personenidentität der Leitungsorgane eine fortlaufende nachhaltige Überwachung ermöglicht wird (Anschluss an BFH v. 23.3.2022 – III R 35/20, GmbHR 2022, 1161 = GmbH-StB 2022, 342 [Schimmele]). Für diese Voraussetzungen trägt das FA die Darlegungs- und Beweislast, wenn das Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte das Bestehen der Gewerbesteuerpflicht begründen soll.
Eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte (§ 12 S. 2 Nr. 1 AO) setzt nicht notwendigerweise eine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage voraus, sondern kann sich auch in den fremden Räumen eines Dritten (Geschäftsleiters) oder in den Geschäftsräumen eines mit der Geschäftsführung beauftragten gesellschaftsfremden Managers befinden. Entscheidend ist, an welchem Ort die für das Unternehmen vorzunehmenden Geschäfte, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt, sowie solche organisatorischen Maßnahmen, die zur gewöhnlichen Verwaltung der Gesellschaft gehören ("Tagesgeschäfte"), tatsächlich wahrgenommen wurden. Nicht entscheidend sind hingegen diejenigen Maßnahmen, die die Grundlagen der Gesellschaft, insbesondere die Festlegung der Grundsätze der Unternehmenspolitik und die Mitwirkung der Inhaber des Unternehmens an ungewöhnlichen Maßnahmen und an Entscheidungen von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung betreffen.
Die Geschäftsleitungsbetriebsstätte einer Immobilien-GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter in Luxemburg ansässig ist, liegt nach diesen Grundsätzen in den Räumen eines inländischen Hausverwaltungsunternehmens, wenn diesem eine weitgehende Vollmacht zur Durchführung der täglichen, mit der Vermietung eines größeren inländischen Wohn- und Geschäftshauses verbundenen Geschäfte sowie eine Bankvollmacht für das Konto der GmbH erteilt worden sind, nur bestimmte außerordentliche Entscheidungen (z.B. fristlose Kündigungen) mit dem GmbH-GF abgesprochen worden sind und die GmbH nicht durch Schrift- oder Mailverkehr nachweisen kann, dass die im Tagesgeschäft anstehenden Entscheidungen (wie behauptet) vom Gesellschafter-GF in Luxemburg getroffen worden sind.
Nur aus dem Wohnsitz des Gesellschafter-GFs in Luxemburg lässt sich nicht ableiten, dass sich dort automatisch eine (die) Geschäftsleitungsbetriebsstätte einer inländischen GmbH befindet. Vielmehr erfordert eine Geschäftsleitung in Luxemburg auch ein dortiges tatsächliches Handeln.
FG Berlin-Bdb. v. 28.6.2023 – 11 K 11108/17
d) Erstattung von Kapitalertragsteuern und Motivtest
Die Neufassung des § 50d Abs. 3 EStG durch das AbzStEntlModG v. 2.6.2021 (§ 50d EStG n.F.) enthält – unabhängig von der Verletzung unionsrechtlicher Grundfreiheiten im jeweiligen Einzelfall – die Möglichkeit eines Gegenbeweises bzw. Motivtests (sog. principal-purpose-Test) dahingehend, dass keiner der Hauptzwecke der Einschaltung der die Kapitalerträge erzielenden Körperschaft d...