a) Formwechselnde Umwandlung einer GmbH in Personengesellschaft: Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG
Rechtsfrage: Ist im Fall der formwechselnden Umwandlung einer GmbH in eine Personengesellschaft das von der Personengesellschaft übernommene positive Eigenkapital der GmbH als (fiktive) Einlage i.R.d. Ermittlung der Überentnahme zu berücksichtigen?
Das FA berücksichtigte das übernommene Eigenkapital i.R.d. § 4 Abs. 4a EStG nicht. Die klagende GmbH & Co. KG wandte dagegen ein, dass § 4 Abs. 4a EStG auf mehrstöckige Personengesellschaften keine Anwendung finde. Hilfsweise sei das im Zeitpunkt des Formwechsels bestehende positive Eigenkapital der GmbH als Einlage zu berücksichtigen, so dass keine Überentnahmen vorlägen.
Das FG entschied:
- Betriebsbezogene Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG: Der Auffassung, nach der § 4 Abs. 4a EStG auf mehrstöckige Personengesellschaften keine Anwendung finde, ist das FG nicht gefolgt. Die Vorschrift ist vielmehr betriebsbezogen zu betrachten, so dass die Hinzurechnung für jeden einzelnen Betrieb vorzunehmen ist, für den eine eigenständige Gewinnermittlung durchgeführt wird. Eine betriebsübergreifende Betrachtung bei Konzernen widerspricht der vom Gesetzgeber angestrebten Vereinfachung.
- Das übernommene positive Eigenkapital, welches von der GmbH i.R.d. Umwandlung übernommen wurde, ist als Einlage bei der Berechnung der Über- bzw. Unterentnahmen zu berücksichtigen. Damit weicht das FG von der Auffassung der Finanzverwaltung ab, wonach die Über- bzw. Unterentnahmen im Zeitpunkt eines Formwechsels einer GmbH stets 0 EUR betragen, weil § 4 Abs. 4a EStG auf Kapitalgesellschaften keine Anwendung finde. Letzteres ist nach Auffassung des FG zwar richtig, jedoch ist der Einlagenbegriff für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG in Fällen des Formwechsels normspezifisch auszulegen. Das Umwandlungssteuerrecht fingiert bei einem Formwechsel eine Vermögensübertragung vom bisherigen auf einen neuen Rechtsträger. Dies muss im Hinblick auf das übernommene Eigenkapital zu einer Einlage beim neuen Rechtsträger führen. Dieser Vorgang kann nicht anders beurteilt werden als die Neugründung einer Personengesellschaft mit erstmaliger Mittelzuführung durch die Gesellschafter. Hierfür sprechen auch der Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4a EStG, der nach dem sog. Eigenkapitalmodell ausgestaltet ist. Das Eigenkapital, das durch Gewinne und Einlagen aufgestockt und durch Entnahmen und Verluste verbraucht werde, bildet die Grenze dessen, was dem Betrieb entzogen werden darf, ohne die Rechtsfolge des § 4 Abs. 4a EStG auszulösen.
FG Münster v. 12.6.2024 – 6 K 564/19 G F, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 10/24
b) Einbringung einer Kommanditbeteiligung in GmbH: Besteuerung des tauschähnlichen Vorgangs nach § 20 UmwStG
Die Einbringung eines Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft gegen Erhalt neuer Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft ist ein tauschähnlicher Vorgang – und somit tatbestandlich eine Betriebsveräußerung i.S.d. § 16 Abs. 1 EStG. Allerdings unterliegen die Rechtsfolgen des tauschähnlichen Vorgangs den Sonderregelungen des § 20 UmwStG, die den Regelungen des § 16 EStG vorgehen. Die Besteuerung eines sich bei Einbringung nach § 20 Abs. 1 UmwStG ergebenden Veräußerungsgewinns regelt nicht § 16 Abs. 2 EStG, sondern § 20 Abs. 4 UmwStG.
Maßgebliches Besteuerungsverfahren: Die den Veräußerungsgewinn ergebenden Besteuerungsgrundlagen des Veräußerungspreises und die Bewertung des BV werden in Umwandlungsfällen durch die Bestimmung des § 20 Abs. 4 S. 1 UmwStG 2002 – was den Veräußerungspreis anbelangt – und durch die Bestimmungen des § 20 Abs. 2 UmwStG 2002 (in seiner Gesamtheit) und § 20 Abs. 3 UmwStG 2002 – was die Bewertung des BV anbelangt – gesondert geregelt.
Die materiell-rechtliche Bindungswirkung des § 20 Abs. 4 S. 1 UmwStG 2002 entfaltet sich nicht nur dann, wenn sie allein Ergebnis des Bewertungswahlrechts der aufnehmenden Gesellschaft nach § 20 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2002 ist, sondern bezieht sich auf das Gesamtergebnis des Ansatzes für das eingebrachte BV bei der Kapitalgesellschaft, wie er unter Berücksichtigung der nach § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG 2002 insgesamt durch die aufnehmende Kapitalgesellschaft zu beachtenden Bewertungsregelungen, mindestens jedoch der das Bewertungswahlrecht lediglich einschränkenden Bewertungsregelung des § 20 Abs. 2 S. 5 UmwStG 2002 vorzunehmen ist (gegen BFH v. 24.3.1983 – IV R 138/80, BStBl. II 1984, 233; BFH v. 23.1.1986 – IV R 335/84, GmbHR 1986, 448).
Die Bewertung, wie sie durch die aufnehmende Kapitalgesellschaft für den Ansatz des "eingebrachten BV" in deren Besteuerungsverfahren vorzunehmen ist, umfasst sowohl die Wahlrechtsentscheidung über den Ansatz des Buch-, Zwischen- oder Teilwerts, als auch die Berücksichtigung der dieses Wahlrecht einschränkenden Aspekte. Der Ansatz des nach § 20 Abs. 4 S. 1 UmwStG 2002 zu bestimmenden Wertes des "eingebrachten BV" lässt sich nur im Wege einer einheitlich vorzunehmenden Gesamtbewertung – bestehend aus Wahlrecht und den Vorgaben der § 20 Abs. 2 S. 4-6 UmwStG 2002 und § 20 Abs. 3 UmwStG 2002 – durchführen. Erfolgt ein Ansatz des eingebrachten BV unter fehlerhafter Anwendung der Bewertungsvorschriften, ist dieser Fehler gegenüber der Normadressa...