a) § 6b EStG: Voraussetzungen für die Übertragung von Veräußerungsgewinnen nach § 17 EStG
Streitig ist, ob bei einem Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG eine Rücklage nach § 6b EStG eingestellt werden kann. Das FG entschied:
Bei nachträglichen vertraglichen Änderungen des Veräußerungspreises kommt es für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG entscheidend darauf an,
- ob über den Veräußerungspreis im Zeitpunkt der Betriebsübertragung keine abschließende Einigung erzielt wurde: Dann erhöht ein später festgesetzter Mehrbetrag rückwirkend, d.h. für das Jahr der Veräußerung, den Veräußerungsgewinn – oder
- ob ein zunächst feststehender Veräußerungspreis nachträglich geändert wird: Dann ist ein Mehrbetrag erst in dem VZ zu erfassen, in dem die Erhöhung vereinbart wurde.
Keine § 6b-Rücklage: Zu Recht habe das FA die Bildung einer § 6b-Rücklage abgelehnt, da keine der in den Ziff. 1, 2, 3 und 5 des § 6b Abs. 4 S. 1 EStG genannten Voraussetzungen erfüllt sei:
- Der Kläger (Kl.) ermittelt den Gewinn nicht nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG.
- Die veräußerten GmbH-Anteile hat der Kl. im Privatvermögen gehalten und hieraus Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt.
- Die veräußerten GmbH-Anteile haben damit im Zeitpunkt der Veräußerung auch nicht mindestens sechs Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört.
- Die Anteile an der Y-GmbH, auf die die vom Kl. begehrte § 6b-Rücklage übertragen werden sollte, hielt der Kl. ebenfalls im Privatvermögen und erzielte hieraus im Klagejahr, aber auch in den Folgejahren, Einkünfte aus Kapitalvermögen.
- Da der Kl. keine Handelsbücher führte, können der Abzug nach § 6b Abs. 1 EStG und die Bildung und Auflösung der Rücklage nach Abs. 3 auch nicht in der Buchführung verfolgt werden.
Es mag unter dem Gesichtspunkt einer Ausrichtung der Besteuerung an der Leistungsfähigkeit zwar wünschenswert sein – so das FG –, Veräußerungen von im Betriebsvermögen und im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen gleich zu behandeln; verfassungsrechtlich geboten ist dies jedoch nicht, da dies vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umfasst ist.
FG Nürnberg v. 19.10.2022 – 3 K 1540/20, rkr.
b) Unentgeltliche Übertragung von Anteilen an der Arbeitgeber-GmbH als Arbeitslohn?
Kein Arbeitslohn, ...: Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer ohne seine berufliche Tätigkeit weder die Gesellschafter der Arbeitgeberin kennengelernt noch die Anteile übertragen bekommen hätte, reicht für die Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn nicht aus.
... da Unternehmensnachfolge: Im Streitfall lag eine Übertragung der Anteile i.R.d. Unternehmensnachfolge vor,
- die den Fortbestand des Unternehmens sichern sollte,
- bei der gesellschaftsrechtliche strategische Überlegungen im Vordergrund standen und
- die sich daher aufgrund der gewählten Vertragsgestaltung aus objektiver Sicht nicht als Arbeitslohn darstellt.
FG Sachsen-Anhalt v. 27.4.2022 – 3 K 161/21, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 21/22
Beraterhinweis Das FG hatte im AdV-Verfahren bereits in diesem Sinne entschieden (FG Sachsen-Anhalt Beschl. v. 14.6.2021 – 3 V 276/21, GmbH-StB 2021, 324 [Brinkmeier]).
c) Veräußerung von Anteilen einer polnischen Kapitalgesellschaft
A veräußerte seinen Anteil an der D-Sp.z.o.o. (Kapitalgesellschaft polnischen Rechts). Das FA ermittelte einen Gewinn nach § 17 EStG. Streitig ist,
- ob der Veräußerungsgewinn in Deutschland steuerpflichtig ist. Es sei nicht auszuschließen, dass das Aktivvermögen der polnischen Sp.z.o.o. überwiegend aus unbeweglichem Vermögen bestehe, insbesondere im Hinblick auf Grundstücke, technische Anlagen und den Firmenwert, so dass Art. 13 Abs. 2 des DBA Polen anzuwenden sein könne. Insoweit seien auch nicht die Buchwerte, sondern die wohl erheblich höheren Verkehrswerte zugrunde zu legen;
- ob die in Polen angefallene Steuer auf die inländische ESt anzurechnen ist.
Das FG entschied, dass aus der Differenz zwischen dem Wert der Summe der einzelnen Wirtschaftsgüter und dem erzielten Verkaufspreis für die Gesellschaftsanteile nicht zwingend folgt, dass ein Firmenwert existiert. Dies gilt insbesondere, wenn der Steuerpflichtige selbst vorträgt, dass für die Gesellschaftsanteile ein deutlicher Aufschlag, d.h. ein überhöhter Kaufpreis, gezahlt worden ist, auch ein Sachverständiger nur überschlägig einen Firmenwert ermitteln konnte und damit die Höhe eines Firmenwertes letztlich spekulativ ist.
Verbleibende Zweifel bzgl. der Frage, ob unter Berücksichtigung eines Firmenwerts das Aktivvermögen einer ausländischen Gesellschaft überwiegend unmittelbar oder mittelbar aus unbeweglichem Vermögen i.S.d. Art. 13 Abs. 2 DBA Polen besteht, gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen.
Da Deutschland nach Art. 13 Abs. 5 DBA Polen das alleinige Besteuerungsrecht für den Gewinn aus der Anteilsveräußerung hat, kommt eine Anrechnung der in Polen gezahlten Steuer nach Art. 24 Abs. 1 DBA Polen nicht in Betracht.
FG Münster v. 20.10.2022 – 1 K 60/18 E
d) GF-Abschiedsfeier: Vorliegen unangemessener Repräsentationsaufwendungen
G ist zu 25 % an der A-GmbH beteiligt und seit Jahren ihr GF. In seiner ESt-Erklärung macht G Aufwendungen i.H.v. 94.980 EUR für seine Abschiedsfeier als Werbungskosten geltend. Das FG versagte – wie das FA – den Werbungskostenabzug:
Vollständiges Abzugsverbot: § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG ist lex specialis gegenüber § 4 Abs. 5 ...