a) Bewertung eines Kommanditanteils mit einem aufgrund eines negativen Kapitalkontos negativen Wert des Gesamthandsvermögens
Bei der Aufteilung des nach § 109 Abs. 2 BewG ermittelten gemeinen Werts des einer KG gehörenden Betriebsvermögens (Gesamthandsvermögen) gem. § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a BewG kann dem Kommanditisten ein negativer Wert des Gesamthandsvermögens der Gesellschaft dann nicht zugerechnet werden, wenn er seine Kommanditeinlage vollständig erbracht hat und soweit er nicht nachschusspflichtig ist (Anschluss an R B 97.3 Abs. 1 S. 3 ErbStR 2011 sowie R B 97.5 Abs. 2 S. 2 ErbStR 2019; Abgrenzung zu BFH v. 17.6.2020 – II R 43/17, GmbHR 2021, 99 = GmbH-StB 2021, 45 [Böing] = BStBl. II 2022, 13).
Diese einschränkende Auslegung des § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG ist zur Vermeidung von missbräuchlichen Steuergestaltungen erforderlich.
FG München v. 10.5.2023 – 4 K 1420/20, Rev. eingelegt, Az. des BFH: II R 15/23
b) Klagebefugnis betreffend das Feststellungsverfahren bei insolventer KG
Das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer KG berührt das einheitliche Gewinnfeststellungsverfahren nicht, da dessen steuerliche Folgen die Gesellschafter persönlich betreffen. Die KG ist weiterhin gem. § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO bis zu ihrer Vollbeendigung klagebefugt. Sie wird durch die für die insolvenzfreie Abwicklung der Gesellschaft vorgesehenen Liquidatoren vertreten. Ist Liquidator in diesem Fall eine Komplementär-GmbH, über deren Vermögen ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, nimmt diese bis zu ihrer Vollbeendigung die Liquidation der KG noch wirksam durch ihren Insolvenzverwalter vor.
Vollbeendigung der KG: Werden eine KG und ihre zur Geschäftsführung berufene Komplementär-GmbH während des Klageverfahrens vollbeendet, so wird eine mangels Klagebefugnis unzulässige Klage eines einzelnen Gesellschafters dadurch jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die Vollbeendigung erst nach Ablauf der Klagefrist eintritt.
Der Kommanditist einer KG ist nur dann befugt, die Änderung eines Feststellungsbescheides gem. § 164 Abs. 2 AO zu beantragen, wenn er bei ablehnendem Bescheid zum Einspruch gem. § 352 Abs. 1 AO befugt wäre; die Antragsbefugnis setzt die Einspruchsbefugnis voraus.
FG Hamburg v. 25.5.2023 – 2 K 65/16
c) Ermittlung des Veräußerungsgewinns bei teilentgeltlicher Übertragung von Wirtschaftsgütern
Streitig ist die Ermittlung eines Veräußerungsgewinns bei teilentgeltlicher Übertragung von Sonderbetriebsvermögen (Sonder-BV) nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG.
Wird ein im Sonder-BV eines Gesellschafters gehaltenes Wirtschaftsgut in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist, teilentgeltlich übertragen, ist eine Aufteilung des Vorgangs in ein voll unentgeltliches und ein voll entgeltliches Geschäft vorzunehmen und der vorhandene Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts anteilig beiden Geschäften zuzuordnen (strenge Trennungstheorie). Dabei ist der Veräußerungsgewinn bei der Übertragung mehrerer Wirtschaftsgüter jeweils getrennt zu ermitteln.
FG Rheinland-Pfalz v. 14.6.2023 – 2 K 1826/20, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 17/23
d) Doppelstöckige Personengesellschaft: vollständige gewerbesteuerliche Erfassung des Gewinns aus der Veräußerung von Anteilen der Obergesellschaft
Veräußerung Mitunternehmeranteil der Obergesellschaft: Wird bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft ein Mitunternehmeranteil der Obergesellschaft veräußert, gehört zum Gewerbeertrag der Obergesellschaft auch der Veräußerungsgewinn, der auf dem Wegfall des negativen Kapitalkontos beruht, wenn das negative Kapitalkonto des Mitunternehmers auf negativen Kapitalkonten der Obergesellschaft bei Untergesellschaften beruht.
Der Gewerbeertrag der Obergesellschaft ist auch weder nach § 9 Nr. 2 GewStG noch nach § 9 Nr. 3 GewStG um einen bei der Untergesellschaft entstandenen Veräußerungsgewinn zu mindern; der Veräußerungsgewinn ist nicht (nach dem Verhältnis der stillen Reserven) zwischen Obergesellschaft und Untergesellschaft aufzuteilen (vgl. FG München v. 26.8.2022 – 2 K 1842/21).
Die gewerbesteuerliche Erfassung des Veräußerungsgewinns – auch soweit er auf stillen Reserven der Untergesellschaften beruht – bei der Obergesellschaft ist auch nicht sachlich unbillig i.S.d. § 163 Abs. 1 S. 1 AO.
FG Bremen v. 16.2.2023 – 1 K 21/21, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 9/23