a) Wirtschaftliche Eingliederung durch Anmietung des Betriebsgrundstücks vom Organträger
Für die wirtschaftliche Eingliederung – als Voraussetzung einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft – genügt die Vermietung eines Betriebsgrundstückes, wenn dieses für die Organgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung ist, weil es die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet. Eine wirtschaftliche Eingliederung liegt daher vor, wenn das Betriebsunternehmen seine Tätigkeit aus innerbetrieblichen Gründen ohne das gemietete Grundstück nicht oder nur nach Überwindung von nicht nur unerheblichen Schwierigkeiten hätte fortsetzen können.
Die Berufung der Organgesellschaft auf die Sonderregeln für Organschaften ist auch dann nicht missbräuchlich, wenn das FA den Organträger nicht nach § 174 Abs. 5 S. 2 AO zum Verfahren hinzugezogen hat und deswegen nach der Insolvenz des Organträgers nicht von seiner Aufrechnungsmöglichkeit mit seinem Haftungsanspruch gem. § 73 AO Gebrauch machen konnte.
FG München v. 14.11.2023 – 5 K 1272/20
b) Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen für Rechtsberatungsleistungen
Die A-GmbH hatte mit der Bundesrepublik Deutschland (D) einen Betreibervertrag abgeschlossen. Bereits im Vergabeverfahren bereitete sich die A-GmbH mit Unterstützung verschiedener konzernverbundener Gesellschaften auf das Projekt vor und erarbeitete u.a. ein Systemkonzept. D kündigte noch vor Realisierung des Projektes den Betreibervertrag. Die A-GmbH nahm anwaltliche Beratung zur Prüfung der ihr zustehenden Entschädigungsansprüche wahr.
Streitig ist, ob die Vorsteuer aus diesen Beratungsrechnungen abziehbar ist. Das FG entschied:
Soweit Vorbereitungshandlungen für eine unternehmerische Tätigkeit aufgenommen werden, diese aber erfolglos bleiben und letztlich keine Umsätze getätigt werden, ist der Vorsteuerabzug dennoch möglich.
Direkter und unmittelbarer Zusammenhang: Ist die unternehmerische Tätigkeit auf ein bestimmtes Projekt (hier: Betreibervertrag) gerichtet, hat der mit dem Projekt beauftragte Unternehmer schon Aufträge zur Realisierung des Projekts an Subunternehmer vergeben, wird der dem Projekt zugrunde liegende Vertrag aber vom Auftraggeber bereits vor der Realisierung des Projekts wieder gekündigt und muss der Unternehmer deswegen zivilrechtlich Schadensersatz einfordern, um u.a. Entschädigungszahlungen an die von ihm beauftragten Subunternehmer leisten zu können, und entstehen zur Durchsetzung des zivilrechtlichen, nicht umsatzsteuerbaren Schadensersatzes Rechtsberatungskosten, so steht dem Unternehmer der Vorsteuerabzug bezüglich dieser Rechtsberatungskosten zu. Es besteht ein – für den Vorsteuerabzug erforderlicher – direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Beratungsleistungen als Gemeinkosten und der ursprünglich geplanten wirtschaftlichen – zum Vorsteuerabzug berechtigenden – Tätigkeit des Unternehmers (hier: Erhalt von Betreibergebühren ab Realisierung des Projekts).
FG Berlin-Bdb. v. 29.5.2024 – 7 K 7122/22
c) Festsetzung von Nachzahlungszinsen zur USt
Streitig ist, ob Nachzahlungszinsen zur USt mit dem Unionsrecht vereinbar sind – insbesondere, ob das Neutralitätsprinzip anwendbar und verletzt ist bzw. ob die Regelungen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen. Das FG entschied, dass die Vorschriften nicht gegen Unionsrecht verstoßen.
FG des Saarlandes v. 13.11.2023 – 1 K 1313/21
Beraterhinweis Im AdV-Verfahren hat der BFH ebenfalls keine ernstlichen Zweifel der Vereinbarkeit von §§ 233a, 238 Abs. 1 AO mit dem Unionsrecht gesehen (BFH v. 1.3.2024 – V B 34/23 (AdV), AO-StB 2024, 162 [Bender]).