a) Kein "Zufluss" einer vertraglich vereinbarten, jedoch nicht ausgezahlten Tantieme
Wurden die zwischen der GmbH und ihrem beherrschenden GGF vertraglich vereinbarten Tantiemen nicht ausgezahlt und erfolgte auch keine Passivierung einer sich auf die Tantiemen beziehenden Verbindlichkeit bei der GmbH, so dass sich die Tantiemen weder in den Streitjahren noch in späteren Zeiträumen mindernd auf das Einkommen der Gesellschaft ausgewirkt haben, so liegt weder nach den allgemeinen Grundsätzen noch aufgrund der vom BFH entwickelten Zuflussfiktion einer Tantieme beim beherrschenden GGF zum Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses ein Zufluss von Einkünften beim Gesellschafter-GF vor (gegen BMF v. 12.5.2014 – IV C 2 - S 2743/12/10001 – DOK 2014/0074863, GmbHR 2014, 728 = GmbH-StB 2014, 204 [Görden] = BStBl. I 2014, 860; gegen FG Münster v. 4.9.2019 – 4 K 1538/16 E,G, EFG 2020, 82).
Für die Beurteilung, ob ein Zufluss fingiert werden kann, kommt es auf die tatsächliche Handhabung an. Die Grenze wird durch § 42 AO bestimmt.
FG Baden-Württemberg v. 30.6.2022 – 12 K 58/20, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 20/22
b) Stille Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers (I)
Streitig ist die Qualifikation von Erträgen aus Mitarbeiterbeteiligungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen oder aus nichtselbständiger Arbeit.
Eigenständige Erwerbsgrundlage? Beteiligt sich ein Arbeitnehmer kapitalmäßig an seinem Arbeitgeber, kann die Beteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein, so dass damit in Zusammenhang stehende Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen.
Für ein unabhängig vom Arbeitsverhältnis bestehendes Sonderrechtsverhältnis sprach im Streitfall besonders, dass
- die Ausgestaltung der stillen Beteiligung formell nach den üblichen gesetzlichen Kriterien erfolgt ist,
- den Arbeitnehmer in Höhe der Einlage und der – aus vertragsgemäß nicht entnahmefähigen Gewinnanteilen gebildeten – Rücklage ein Verlustrisiko traf und
- mit der vereinbarten Nachrangigkeit die stille Beteiligung überwiegend gesellschaftsrechtlich bzw. bilanzrechtlich motiviert war.
Aufgrund der Motivation, den Arbeitgeber bzw. sein Eigenkapital durch stille Beteiligungen zu stärken, waren im Streitfall auch die Renditemöglichkeiten der stillen Gesellschafter nicht aus dem Arbeitsverhältnis begründet. Die Rendite war nach Maßgabe objektiver Parameter eindeutig festgelegt und wurde in der verabredeten Form ausgezahlt bzw. auf den Kapitalkonten des Arbeitnehmers verbucht.
FG Baden-Württemberg v. 1.4.2022 – 5 K 1635/20, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 10/22
c) Stille Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers (II)
Ein stiller Gesellschafter, der am Gewinn und Verlust des Unternehmens (A-GmbH) beteiligt wird, ist nicht als Mitunternehmer anzusehen, wenn
- er weder am Unternehmenswert noch am Zuwachs der stillen Reserven des Betriebsvermögens einschließlich des Firmenwerts beteiligt ist und
- ihm auch keine über das Recht, die Jahresabschlüsse einschließlich der Prüfungsberichte des Abschlussprüfers einzusehen, hinausgehenden Stimm- oder Widerspruchsrechte zustehen.
Der Umstand, dass der Arbeitnehmer keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Einräumung der stillen Beteiligung hat, spricht für ein unabhängig vom Arbeitsverhältnis bestehendes Sonderrechtsverhältnis.
Bei der Möglichkeit, die stille Einlage durch stehengelassene Gewinnanteile zu erbringen, handelt es um eine übliche Möglichkeit zur Einlageerbringung.
Eine Veranlassung der stillen Beteiligung durch das Arbeitsverhältnis lässt sich nicht daraus herleiten, dass die Gewinnbeteiligung des Arbeitnehmers aus der stillen Beteiligung nicht auf einen bestimmten – absoluten und angemessenen – Prozentsatz der Einlageleistung begrenzt ist.
FG Baden-Württemberg v. 6.10.2022 – 12 K 1692/20, NZB eingelegt, Az. des BFH: VIII B 134/22