Streitig ist die körperschaftsteuerrechtliche Bewertung einer Anteilsübertragung. Das FG entschied dazu:
Die Vorschrift des § 8 Abs. 3 S. 4 KStG ist nicht nur auf verdeckte Einlagen von Kapitalgesellschaften als Gesellschafter anzuwenden, sondern auch, wenn es sich bei dem einbringenden Gesellschafter um eine natürliche Person handelt.
Gegenstand einer verdeckten Sacheinlage i.S.d. § 8 Abs. 3 S. 4 KStG können nicht nur Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, sondern auch Wirtschaftsgüter des Privatvermögens sein, die im Falle einer Veräußerung zu Einkünften führen würden (hier: aus dem Privatvermögen des Gesellschafters eingelegte GmbH-Anteile).
Die Einbringung von Wirtschaftsgütern gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten im Rahmen einer offenen Sacheinlage, deren Rechtsfolgen sich nach den vorrangigen §§ 20 ff. UmwStG bestimmen, ist von der verdeckten Einlage abzugrenzen. Die verdeckte Sacheinlage kann auch nicht mit Hilfe einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise (§ 41 AO) in den Anwendungsbereich des § 20 UmwStG einbezogen werden. Insbesondere ist es grundsätzlich nicht möglich, eine Bargründung und eine kurz danach beurkundete Übertragung von Wirtschaftsgütern auf die neugegründete Gesellschaft wie eine Sacheinlage i.S.d. § 20 Abs. 1 UmwStG zu behandeln.
Ob eine verdeckte oder eine offene Einlage vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls durch Auslegung der Einlagevereinbarungen zu ermitteln. Da es um gesellschaftsrechtliche Organisationsverträge geht, hat die Auslegung nach objektiven Gesichtspunkten zu erfolgen. Umstände, für die sich im Gesellschaftsvertrag keine hinreichenden Anhaltspunkte finden, können nicht berücksichtigt werden.
Eine verdeckte Einlage hat dann i.S.d. § 8 Abs. 3 S. 4 KStG "das Einkommen des Gesellschafters gemindert", wenn sie sich bei dem Gesellschafter steuermindernd ausgewirkt hat – wenn also das zu versteuernde Einkommen des Gesellschafters durch die verdeckte Einlage geringer ist, als es ohne sie gewesen wäre. Die Besteuerung auf der Ebene des Gesellschafters muss unterblieben sein und es darf aus formellen oder materiellen Gründen nicht mehr möglich sein, dies nachzuholen. Erfasst werden somit nicht nur diejenigen Fälle, in denen eine Besteuerung auf der Ebene des Gesellschafters aus materiell-rechtlichen Gründen nicht stattfinden konnte, sondern auch Fälle, in denen die Besteuerung auf der Ebene des Gesellschafters materiellrechtlich hätte stattfinden müssen, aber nicht stattgefunden hat. § 8 Abs. 3 S. 4 KStG ist also auch dann anzuwenden,
- wenn der Gesellschafter Geschäftsanteile an einer GmbH verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt hat, anstatt sie offen zu veräußern und dafür den ihrem Wert entsprechenden Geldbetrag einzunehmen, und
- wenn beim einbringenden Gesellschafter die eigentlich gebotene Besteuerung nach § 17 Abs. 1 S. 2 EStG unterblieben ist und aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr nachgeholt werden kann.
Sind verdeckt eingelegte GmbH-Anteile bei einer Kapitalgesellschaft infolge der unrichtigen Annahme einer offenen Sacheinlage im Jahr der verdeckten Einlage nicht mit dem richtigen Wert bilanziert worden und können die Steuerbescheide für das Einlagejahr aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert worden, ist die Bilanzierung der GmbH-Anteile im Wege der Bilanzberichtigung im ersten verfahrensrechtlich noch offenen Steuerjahr gewinnwirksam zu korrigieren.
FG Mecklenburg-Vorpommern v. 16.5.2023 – 1 K 330/18