a) Erschütterung des Anscheinsbeweises der Privatnutzung eines betrieblichen Pkw
Der Anscheinsbeweis der privaten Pkw-Nutzung kann erschüttert werden
- nicht nur durch die bekannte Fallgruppe des Vorhandenseins eines in Status und Gebrauchswert vergleichbaren Pkw im Privatvermögen,
- sondern auch durch die Gesamtwürdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls, die auf einen atypischen Sachverhalt schließen lassen.
Im Streitfall ging es um einen Ford Ranger, der sich neben einem BMW X 3 im Betriebsvermögen eines Gartenbauunternehmers befand. Während der Steuerpflichtige für den BMW die 1 %-Regelung in Anspruch nahm, setzte er für den Ford Ranger keinen Privatanteil an. Dies sah auch das FG so, da der Ford Ranger den Mitarbeitern des Betriebs arbeitstäglich permanent als Zugmaschine zur Verfügung stand und es aufgrund des Verschmutzungszustands lebensfremd sei, dieses Fahrzeug an Wochenenden für Familienfahrten zu nutzen. Außerdem blieb wegen der geringen jährlichen Fahrleistung von durchschnittlich 8.900 km für eine private Nutzung auch kein Raum.
FG Münster v. 16.8.2022 – 6 K 2688/19 E, EFG 2022, 1690, Rev. eingelegt, Az. des BFH: III R 34/22
b) Korrektur einer fehlerhaft gebildeten Rücklage
Nach Auffassung des FG Düsseldorf fehlen Gründe dafür, im Falle einer im Vorjahr rechtswidrig gebildeten Rücklage die auf Rückstellungen anzuwendenden Regeln des formellen Bilanzenzusammenhangs auch auf Rücklagen erfolgswirksam anzuwenden.
FG Düsseldorf v. 3.5.2022 – 6 K 3388/16 K, F, EFG 2022, 1484, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 25/22
c) Auflösung einer Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG aus der Veräußerung eines ganzen Mitunternehmeranteils
Rücklagen i.S.d. § 6b Abs. 3 EStG sind in der für die Mitunternehmerschaft aufzustellenden Bilanz zu bilden. Das gilt auch für ausgeschiedene Gesellschafter. Maßgeblich für die Bildung und Auflösung der § 6b-EStG-Rücklage ist grundsätzlich die Steuer- bzw. Sonderbilanz des "veräußernden" Betriebs. Im Falle der Veräußerung des ganzen Mitunternehmeranteils ist aber die Auflösung einer § 6b-EStG-Rücklage durch das Wohnsitz-FA i.R.d. ESt-Veranlagung des ehemaligen Gesellschafters zulässig, da die nachträglichen Einkünfte nach § 24 Nr. 2 EStG aus der Auflösung der § 6b-EStG-Rücklage nicht mehr einheitlich und gesondert festzustellen sind.
FG München v. 10.6.2021 – 13 K 1825/19, EFG 2022, 1601, Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 14/21
d) § 4f EStG bei nachträglicher Entgeltanpassung für einen im Jahr 2012 erfolgten Schuldbeitritt
Aufwendungen aus der nachträglichen Anpassung des für einen Schuldbeitritt in Pensionsverpflichtungen gezahlten Entgelts stellen nach Auffassung des FG Münster sofort abziehbare Betriebsausgaben dar, sofern der Schuldbeitritt in einem vor dem 28.11.2013 endenden Wirtschaftsjahr erfolgte.
FG Münster v. 19.9.2022 – 11 K 2928/19 F, EFG 2022, 1898, EFG 2022, 1898, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 27/22
e) Umqualifizierung von Vermietungseinkünften zu gewerblichen Einkünften
Für die Aufwärtsabfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG kommt es nicht auf die Überschreitung einer Bagatellgrenze an. Das FG folgt damit der BFH-Rechtsprechung (BFH v. 6.6.2019 – IV R 30/16, BStBl. II 2020, 649 = EStB 2019, 360 [Weiss]).
FG Münster v. 13.5.2022 – 15 K 26/20 E, F, EFG 2022, 1446, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 18/22
f) Ermittlung des verrechenbaren Verlustes i.R.d. § 15a EStG
Der Bestand des Kapitalkontos eines Kommanditisten ist streng jahresbezogen und nicht jahresübergreifend zu betrachten. Tätigt daher ein Kommanditist in Vorjahren Entnahmen, die wegen Erfüllung der Voraussetzungen des § 15a Abs. 3 S. 2 EStG nicht zu einer Gewinnzurechnung führen, kommt die Umwandlung von Verlusten in Folgejahren, die die Entstehung oder Erhöhung eines negativen Kapitalkontos zur Folge haben, in verrechenbare Verluste in Höhe dieser Mehrentnahmen nicht in Betracht.
FG Münster v. 13.4.2022 – 13 K 141/20 F, EFG 2022, 1448, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 10/22
g) Aufwendungen für einen Zinssatzswap als Betriebsausgaben bei § 13 EStG
Bei Fehlen einer bestands-, volumen-, laufzeit- und betragsmäßigen Kongruenz zwischen Zinssatzswaps und den zur Finanzierung eines betrieblich genutzten Neubaus aufgenommenen Darlehen sowie bei einem recht großen zeitlichen Abstand zwischen dem Abschluss der Geschäfte hat das FG Rheinland-Pfalz die Berücksichtigung der Swap-Aufwendungen als Betriebsausgaben bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft verneint.
FG Rheinland-Pfalz v. 18.8.2021 – 1 K 1410/19, EFG 2022, 1453, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 11/22
h) Bezüge aus einem Heisenberg-Stipendium der DFG keine freiberuflichen Einkünfte
Bezüge aus einem Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sind mangels Markteinkommens keine freiberuflichen Einkünfte und in jedem Fall nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei.
Sächs. FG v. 11.3.2021 – 8 K 1264/20, EFG 2022, 1534, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 11/22
i) Bewertung einer verdeckten Einlage
Verändert sich der Wert einer Beteiligung zwischen der Abgabe eines Abtretungsangebots und der erst Jahre später erfolgenden Annahme maßgeblich zum Positiven, liegt eine verdeckte Einlage vor, wenn der Abtretende zugleich Anteilseigner der aufnehmenden Gesellschaft ist. Die verdeckte Einlage führt dann zu einem Veräußerungsgewinn.
FG Nürnberg v. 2.9.2021 – 3 K 1327/20, EFG 2022, 1536, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IX R 5/22
j) Betriebsaufgabeverlust bei Insolvenz
Erklärt der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, dass das Vermögen aus der gewerblichen Tätigkeit des Insolvenzschuldners nicht zur Insolvenzmasse gehöre und Ansprüche aus dieser Tätigkeit nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden könnten, so übt dieser keinen Gewerbe...