a) "Betreiben von Handelsschiffen im internationalen Verkehr" bei gewerbesteuerrechtlicher Kürzung
Trotz des weitgehend identischen Wortlauts ist der Vorschrift des § 9 Nr. 3 S. 4 GewStG eine – von der Vorschrift des § 5a Abs. 2 S. 1 EStG losgelöste – eigenständige, d.h. normspezifische Definition des "Betreibens von Handelsschiffen im internationalen Verkehr" zu entnehmen. Hat der Charterer über ein gechartertes Schiff keine Verfügungsmacht, so betreibt er mangels eigenen Einsatzes dieses Schiffes auch kein Handelsschiff im internationalen Verkehr i.S.d. § 9 Nr. 3 S. 4 GewStG. Der örtliche Bezugspunkt für die sich in der Verfügungsmacht niederschlagende "Verwurzelung" der konkreten unternehmerischen Tätigkeit ist in diesen Fällen das Handelsschiff selbst.
Das FG Niedersachsen hat zusätzlich herausgestellt, dass das Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts vom 20.4.2013 (BGBl. I 2013, 831) mangels Anhaltspunkten für ein zivilrechtsakzessorisches Verständnis von § 9 Nr. 3 S. 2 ff. GewStG keine Auswirkungen auf die Anwendung der gewerbesteuerrechtlichen Kürzungsvorschriften hat.
FG Nds. v. 15.11.2023 – 9 K 311/21, EFG 2024, 480, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 30/23
b) Keine Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG um hinzugerechnete Unterschiedsbeträge bei Tonnagebesteuerung
Der gem. § 5a Abs. 4 S. 3 EStG hinzugerechnete Unterschiedsbetrag ist nicht in die Kürzung des Gewerbeertrags gem. § 9 Nr. 3 GewStG einzubeziehen. Nach Auffassung des FG Hamburg bestand im Streitfall ein Vertrauensschutz im Hinblick auf die Kürzung weder im Jahr der Veranlagung 2015 noch bei Ausübung der Option zur Tonnagebesteuerung im Jahr 2005.
FG Hamburg v. 29.8.2023 – 3 K 181/20, EFG 2024, 679, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 22/23
c) Zum Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG
Sämtliche nicht in § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG genannten Tätigkeiten sind kürzungsschädlich. Eine Schädlichkeit i.S.d. erweiterten Kürzung setzt insbesondere keine Tätigkeit voraus, aus der tatsächlich auch Erträge erwirtschaftet werden. Vor diesem Hintergrund hält das FG Baden-Württemberg auch das bloße Halten von Oldtimerfahrzeugen (als Kapitalanlage) für kürzungsschädlich i.S.d. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG.
FG Baden-Württemberg v. 28.3.2023 – 6 K 878/22, EFG 2024, 682, Rev. eingelegt, Az. des BFH: III R 23/23
d) Verfassungsmäßigkeit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG in Fällen der Weitervermietung
Die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG unterliegt nach Auffassung des FG Münster keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln. Auch hält des FG die unmittelbare Weitervermietung von angemieteten Immobilien nicht mit dem Fall der Einräumung von Vertriebslizenzen (§ 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG) für vergleichbar.
FG Münster v. 23.6.2022 – 10 K 2018/18 G, EFG 2024, 687, Rev. eingelegt, Az. des BFH: III R 24/23
e) Gewerbesteuerbefreiung bei Leistungen i.R.d. Eingliederungshilfe
§ 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG setzt nicht voraus, dass das gesamte Spektrum der häuslichen Pflegehilfe abgedeckt wird. Nach der Übergangsregelung des § 124 Abs. 2 SGB XI a.F. waren Leistungen der häuslichen Betreuung, die im Jahr 2013 i.R.d. Eingliederungshilfe (§§ 53 ff. SGB XII a.F.) erbracht wurden, pflegerische Betreuungsmaßnahmen – und mithin eine Pflegeleistung i.S.d. § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG.
FG Köln v. 27.2.2024 – 11 K 1719/15, EFG 2024, 863, NZB eingelegt, Az. des BFH: VIII B 25/24
f) Zur Anwendung des gewerbesteuerlichen Bankenprivilegs
Für die Anwendung des gewerbesteuerlichen Bankenprivilegs ist nach § 19 Abs. 2 GewStDV maßgeblich, dass die Aktivposten aus Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen die Aktivposten aus anderen Geschäften überwiegen. Darüber hinaus muss das Unternehmen keine weitergehenden Kriterien erfüllen. Insbesondere ist nicht erforderlich, dass das Unternehmen mit Bankgeschäften höhere Gewinne erzielt als mit sonstigen Geschäften. Die Berechnung der nach § 19 Abs. 1 S. 1 GewStDV hinzuzurechnenden Schuldentgelte erfolgt anhand der Werte der steuerlichen Schlussbilanz in Form einer stichtagsbezogenen Berechnung.
FG Münster v. 30.11.2023 – 10 K 2062/20 G, EFG 2024, 779, Rev. eingelegt, Az. des BFH: III R 6/24