a) Entgeltliche Ablösung eines Nießbrauchrechts kein Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG
Die entgeltliche Ablösung eines Nießbrauchrechts ist nach Auffassung des FG Münster keine Veräußerung i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Ein Nießbrauchsrecht ist zwar ein gegenüber dem Eigentum an der belasteten Sache verselbständigtes, dingliches Nutzungsrecht – und damit ein (einlage- und entnahmefähiges) Wirtschaftsgut i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG.
Keine Veräußerung, da fehlender Rechtsträgerwechsel: Im Streitfall war das Nießbrauchsrecht durch den entgeltlichen Verzicht jedoch nicht veräußert worden. Denn unter Anschaffung bzw. Veräußerung i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG sind der entgeltliche Erwerb und die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen Dritten zu verstehen. Eine "Veräußerung" setzt somit
- nicht nur die Entgeltlichkeit des Übertragungsvorgangs,
- sondern auch einen Rechtsträgerwechsel an dem veräußerten Wirtschaftsgut voraus.
Davon abzugrenzen sind sog. veräußerungsähnliche Vorgänge – also die Erbringung eines Entgelts dafür, dass ein Vermögenswert in seiner Substanz endgültig aufgegeben wird.
Da das Nießbrauchsrecht gem. § 1059 BGB kraft ausdrücklich gesetzlicher Regelung nicht übertragbar ist, fehlt es jedoch an einem Rechtsträgerwechsel.
FG Münster v. 12.12.2023 – 6 K 2489/22 E, EFG 2024, 392, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IX R 4/24
b) Mieterhöhung auf Grund eines behindertengerechten Umbaus als außergewöhnliche Belastung
Mieterhöhungen auf Grund eines behindertengerechten An- und Umbaus eines Hauses sind nicht in voller Höhe, sondern nur in Höhe der jährlichen Verzinsung der Baukosten für einen gleich geeigneten, aber kostengünstigeren An- und Umbau als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Bei Berücksichtigung der Mieterhöhung als außergewöhnliche Belastung ist ein Gegenwert in Form der verbesserten Nutzungsmöglichkeit der verbesserten behindertengerechten Einrichtungen nicht zu berücksichtigen, da die entsprechenden Aufwendungen stark unter dem Gebot der sich aus der Situation der Behinderung ergebenden Zwangsläufigkeit stehen.
FG München v. 27.10.2022 – 10 K 3292/18, EFG 2024, 15, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 15/23
c) Verdienstausfallentschädigung bei Ersatz der anfallenden ESt in späterem VZ
Bei einer Verdienstausfallentschädigung, die nach gerichtlichem Vergleich nach der sog. modifizierten Nettolohnmethode erfolgt, gehören auch die Übernahme und Erstattung der auf den Verdienstausfall zu zahlenden Einkommensteuern zur Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG. Die Erstattung der (nicht geringfügigen) Mehrsteuern in einem späteren VZ steht jedoch der Tarifbegünstigung i.S.d. § 34 EStG entgegen.
FG Baden-Württemberg (Außensenate Freiburg) v. 5.10.2023 – 3 K 3132/20, EFG 2024, 39, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IX R 26/23
d) Rückwirkende Zusammenveranlagung nach Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe
Wandeln Lebenspartner eine Lebenspartnerschaft in eine Ehe um, stellt dies ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar, so dass auch bereits bestandskräftig einzelveranlagte Jahre im Hinblick auf eine Zusammenveranlagung geändert werden können. Das Sächs. FG folgt damit der vom FG Hamburg vertretenen Auffassung (FG Hamburg v. 31.7.2018 – 1 K 92/18, EFG 2018, 1518), dass in der Einführung von § 20a Abs. 5 LPartG bzw. Art. 3 Abs. 2 EheöffnungsG ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO liege. Denn erst mit der Möglichkeit, die Lebenspartnerschaft in eine Ehe umzuwandeln, konnten die Steuerpflichtigen ihr Wahlrecht gem. § 26 EStG ausüben.
Sächs. FG v. 13.6.2023 – 2 K 209/23, EFG 2024, 137, Rev. eingelegt, Az. des BHF: III R 18/23
e) Schulgeldzahlungen oder Spendenabzug?
Bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um Entgelt für den normalen Schulbesuch – und damit um Schulgeld i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG – oder um nach § 10b EStG abziehbare Spenden handelt, ist darauf abzustellen, dass Schulgeldzahlungen sämtliche Leistungen der Eltern erfassen, die als Gegenleistung für den Schulbesuch des Kindes erbracht werden. Dabei ist für die Annahme von Schulgeld nicht notwendig, dass stets eine eng formulierte Zweckbestimmung in der Satzung enthalten sein muss, dass die eingesammelten Fördergelder allein für die Finanzierung des Schulträgereigenanteils verwendet und zu diesem Zweck an die Schulträgerin abgeführt werden.
FG Münster v. 25.10.2023 – 13 K 841/21 E, EFG 2024, 199, Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 27/23
f) Steuermindernder Abzug von Aufwendungen für private Zusatzkrankenversicherungen
Ist ein Steuerpflichtiger sowohl Pflichtmitglied in einer gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) als auch freiwillig privat krankenversichert, kann er lediglich die Beiträge gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 Buchst. a EStG unbeschränkt abziehen, die er an die GKV entrichtet. Beiträge für eine weitere Basisabsicherung durch eine private Krankenversicherung (PKV) können dagegen nicht gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 Buchst. a EStG geltend gemacht werden.
FG Nürnberg v. 20.7.2023 – 8 K 431/22, EFG 2024, 291, NZB eingelegt, Az. des BFH: X B 104/23
g) Wahl der Einzelveranlagung durch Insolvenzverwalter
Die Wahl der Einzelveranlagung in der Einkommensteuererklärung durch den Insolvenzverwalter stellt keine zur Masseverbindlichkeit führende Handlung i.S.d. § 55 Abs. 1 InsO dar.
FG Münster v. 15.12.2023 – 12 K 1324/21 E, EFG 2024, 402, Rev. eingelegt, Az. des BFH: III R 5/24