a) Zeitpunktbezogene Betrachtungsweise beim späteren Tätigkeitswechsel
Ob der Steuerpflichtige gem. Art. 19 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. bb DBA-USA 1989/2008 "ausschließlich zu dem Zweck der Leistung der Dienste" in Deutschland ansässig geworden ist, hängt davon ab,
- welche Motivation er zu diesem Zeitpunkt hatte und
- ob dies bis in den Streitzeitraum fortwirkt.
Von einem Fortwirken des Zusammenhangs zwischen ansässig werden und "dem Zweck der Leistung der Dienste" ist grundsätzlich auch bei einem Wechsel der Tätigkeit des Steuerpflichtigen auszugehen.
FG Rheinland-Pfalz v. 16.3.2022 – 1 K 1790/20, EFG 2022, 916, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 18/22
b) Besteuerung von Abfindungen
Die Besteuerung von Abfindungen erfolgt gem. Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich nach dem Arbeits- bzw. Tätigkeitsortprinzip. Werden im Rahmen eines Aufhebungsvertrages Lohnfortzahlungen vereinbart, ist zur Bestimmung des Tätigkeitsortes nicht auf die frühere Tätigkeit abzustellen. Vielmehr wird die Arbeitsleistung – die Verpflichtung zur Passivität – dort erbracht, wo sich der Arbeitnehmer für die Dauer seiner vertraglichen Verpflichtung tatsächlich aufhält.
FG Berlin-Bdb. v. 22.4.2021 – 9 K 9024/20, EFG 2022, 1022, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 28/21
c) Besteuerung eines angestellten Piloten mit Wohnsitz in der Schweiz und Arbeitgeber in Deutschland
Die Regelung in Art. 15 Abs. 3 DBA-Schweiz für Einsätze auf Schiffen oder Luftfahrzeugen ist nach der Auslegung der Norm lex specialis gegenüber der Regelung zu Grenzgängern (Art. 15a DBA-Schweiz). Die Regelung in Art. 15 Abs. 3 DBA-Schweiz ist nämlich so auf die spezifischen Besonderheiten des Luftpersonals zugeschnitten, dass es den besonderen Regelungskontext unterlaufen würde, wenn man eine allgemeinere Regelung, die beim Grenzgängerstatus ansetzt, für gewisse Teile des Luftpersonals heranziehen würde.
FG Hamburg v. 12.4.2021 – 6 K 179/19, EFG 2022, 1028, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 22/21
d) Bezugsgröße für prozentuale Beteiligungshöhe nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG
Die im "Certificate of Incorporation" eingetragenen "authorized shares" sind i.R.d. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG nicht für die Bezugsgröße "Kapital der Gesellschaft" maßgeblich, da das "authorized shares capital" nicht mit dem Begriff des Grundkapitals nach deutschem Aktienrecht vergleichbar ist.
Die maßgebliche Bezugsgröße für die Bestimmung einer wesentlichen Beteiligung gem. § 17 Abs. 1 EStG am Kapital an einer US-amerikanischen incorporation nach dem Recht des US-amerikanischen Bundesstaates Delaware sind die "issued and outstanding shares".
FG Nürnberg v. 28.4.2021 – 5 K 1490/20, EFG 2022, 762, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IX R 23/21