a) Progressionsvorbehalt bei ausländischen Vermietungseinkünften
§ 32b Abs. 1 S. 2 EStG schließt für die dort genannten Einkünfte ausschließlich die Geltung des § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG aus, nicht jedoch die Geltung des § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 EStG. Der Wortlaut des § 32b Abs. 1 S. 2 EStG ist eindeutig. Die Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 32b Abs. 1 S. 2 EStG auf die Fälle des § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG stellt auch keinen Verstoß gegen europäisches Recht dar.
FG Berlin-Bdb. v. 13.12.2021 – 9 K 9061/21, EFG 2022, 1590, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 5/22
b) Haftungsbescheid gegenüber ausländischem Vergütungsschuldner wegen unterlassenen Steuerabzugs nach § 50a EStG
§ 50a Abs. 4 S. 2-4 EStG a.F. sind (lediglich) in der Weise gemeinschaftskonform auszulegen, dass dem Vergütungsschuldner mitgeteilte Aufwandspositionen prinzipiell bei Vornahme des Steuerabzugs zu berücksichtigen sind. Einer Einbehaltungs- und Abführungspflicht nach § 50a Abs. 4 EStG a.F. steht nicht entgegen, dass es sich bei den engagierten Künstlern um Ensembles handelt, die nach der Behauptung des Vergütungsschuldners durch ausländische Mittel gefördert worden sind und keine Gewinnerzielungsabsicht aufweisen. Beachten Sie: Die Einbehaltungs- und Abführungspflicht wird
- weder durch DBA-Regelungen
- noch durch den Umstand, dass der Vergütungsschuldner in Deutschland weder über einen Sitz noch eine Betriebsstätte oder eine vergleichbare Einrichtung verfügt,
berührt.
FG Nds. v. 15.7.2021 – 11 K 14125/19, EFG 2022, 1595, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 35/21
c) Freistellung im Steuerabzugsverfahren nach § 50d Abs. 2 S. 1 EStG
Einer Freistellungsbescheinigung mangelt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis, wenn während des Freistellungszeitraums infolge einer fehlenden Ausschüttung
- zwar noch keine Kapitalertragsteuer entstanden ist,
- aber ein bedingter Gewinnverwendungsbeschluss mit Zuflusszeitpunkt im Freistellungszeitraum gefasst wurde.
Beachten Sie: Die Freistellungsbescheinigung wird wegen Ablaufs des Freistellungszeitraums nach spätestens drei Jahren auch nicht objektiv gegenstandslos, wenn sie infolge des aufschiebend bedingten Gewinnverwendungsbeschlusses für die Antragstellerin noch von Vorteil sein kann.
Infolge der Regelung in § 52 Abs. 47b EStG i.d.F. des AbzStEntModG gelangt der neu gefasste § 50d Abs. 3 EStG i.d.F. des AbzStEntModG zwar in allen noch offenen Fällen zur Anwendung, wird aber bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen von § 50d Abs. 3 EStG in der zuvor anwendbaren Fassung ausgeschlossen.
§ 50d Abs. 3 EStG (2012) ist weiterhin auf Grund der vom EuGH festgestellten Verletzung der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV und der Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 AEUV im Lichte der EU-Grundfreiheiten geltungserhaltend zu reduzieren, wobei insbesondere die Möglichkeit eines Gegenbeweises zu gewähren ist.
Beachten Sie: Die § 50d Abs. 3 EStG i.d.F. des AbzStEntModG ausschließende Wirtschaftstätigkeit kann auch im Rahmen einer passiven Beteiligungsverwaltung erfolgen, wenn neben dem Halten der Beteiligung und einer Weiterleitung von Einkünften eine darüber hinausgehende wesentliche Tätigkeit entfaltet wird. Eine unschädliche passive Beteiligungsverwaltung ist zumindest dann zu bejahen, wenn die Gesellschaft die Erträge reinvestiert und ihre Gesellschafterrechte tatsächlich wahrnimmt.
FG Köln v. 16.2.2022 – 2 K 1483/19, EFG 2022, 1607, NZB eingelegt, Az. des BFH: I B 24/22
d) Zuständigkeit für die Prüfung einer Hinzurechnung nach § 2a EStG a.F.
Über die Frage, ob gem. § 2a Abs. 4 EStG a.F. zuvor abgezogene Verluste nach Übertragung einer Betriebsstätte wieder hinzuzurechnen sind, hat das für die Einkommensteuerveranlagung zuständige FA und nicht das Feststellungs-FA zu befinden.
FG Nürnberg v. 15.3.2022 – 1 K 274/20, EFG 2022, 1686, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 15/22
e) Besteuerung gem. § 50i EStG nach Schenkung
Das Besteuerungsrecht gem. § 50i EStG greift nach Auffassung des FG Baden-Württemberg nicht nur in den sog. Wegzugsfällen, sondern auch, wenn Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens an eine im Ausland ansässige Person verschenkt werden.
FG Baden-Württemberg v. 29.9.2021 – 14 K 880/20, EFG 2022, 1732, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 13/22
f) Zur Steuerfreiheit gem. § 3 Nr. 6 EStG
Gemäß § 3 Nr. 6 S. 1 EStG sind Bezüge steuerfrei, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Wehrdienstbeschädigte, im Freiwilligen Wehrdienst Beschädigte, Zivildienstbeschädigte und im Bundesfreiwilligendienst Beschädigte oder ihre Hinterbliebenen, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden. Das FG Baden-Württemberg hat nun entschieden, dass die Steuerfreiheit gem. § 3 Nr. 6 EStG auch bei Bezügen aus öffentlichen Mitteln eines Drittstaates Anwendung findet.
FG Baden-Württemberg v. 9.5.2022 – 9 K 2651/21, EFG 2022, 1823, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 22/22
g) Anerkennung von Teilwertabschreibungen
Werden Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus einer Geschäftsbeziehung zum Ausland mit einer ihm nahestehenden Person dadurch gemindert, dass er seiner Einkünfteermittlung andere Bedingungen – insbesondere Preise (Verrechnungspreise) – zugrunde legt, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz), sind seine Einkünfte – unbeschadet anderer ...