a) Hinzurechnungsbesteuerung bei treuhänderischer Beteiligung an ausländischer Zwischengesellschaft
Überlässt ein unbeschränkt Steuerpflichtiger einer ausländischen Zwischengesellschaft unentgeltlich ein Darlehen und erzielt die ausländische Gesellschaft aus dem überlassenen Kapital Zinseinkünfte, hat § 7 AStG Vorrang vor § 1 AStG, so dass die Zinseinkünfte in voller Höhe gesondert festzustellen sind und sich sodann mindernd bei der Einkünftekorrektur nach § 1 AStG auswirken.
FG Münster v. 10.12.2020 – 8 K 665/16 F, EFG 2023, 33, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 38/22
b) "Passive Entstrickung" durch Änderung eines DBA
Nach § 4 Abs. 1 S. 3 EStG steht einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich. Das FG Münster hat nun entschieden, dass die Vorschrift jedoch dann nicht greift, wenn ein möglicher Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland lediglich auf das Inkrafttreten eines neuen DBA zurückzuführen und dem Steuerpflichtigen nicht zuzurechnen ist. Beachten Sie: Lesen Sie hierzu auch: Müller/Bauerfeld, Die passive Entstrickung im Kontext des § 4 Abs. 1 S. 3 EStG – Aktuelle Einschätzung durch das FG Münster, EStB 2023, 107.
FG Münster v. 10.8.2022 – 13 K 559/19 G, F, EFG 2023, 37, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 41/22
c) Nachforderung von Lohnsteuer bei beschränkt Steuerpflichtigem für Abfindungszahlung
Die Ausnahme von der Besteuerung für eine Abfindungszahlung nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 DBA-UK 2010 setzt voraus, dass die Ansässigkeit des Steuerpflichtigen im abkommensrechtlichen Sinne in Großbritannien dargelegt wird. Unterlässt es der Steuerpflichtige – unter Berücksichtigung der Literatur zum britischen Steuerrecht –, unabdingbare Umstände für eine Ansässigkeit in Großbritannien darzulegen, bedarf es einer weiteren Sachaufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht.
Das FG hat zudem entschieden, dass die zeitliche Anwendungsbestimmung für die abkommensüberschreibende Regelung des § 50d Abs. 12 EStG jedenfalls dann keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, wenn eine vorhergehende unbeschränkte Steuerpflicht erst zu einem Zeitpunkt beendet wird, zu dem bereits ein ausformulierter Gesetzesentwurf von einem Initiativorgan dem Bundestag als Verhandlungsgegenstand zugeleitet wurde – und damit mit einer Veränderung der geltenden Rechtslage zu rechnen war.
FG Münster v. 23.8.2022 – 15 K 791/19 L, EFG 2023, 57, NZB eingelegt, Az. des BFH: I B 69/22
d) DBA-Rückfallklausel, wenn nur Einkunftsteile tatsächlich nicht besteuert werden
Soweit Einkunftsteile durch die Niederlande tatsächlich nicht besteuert werden, braucht Deutschland die nicht besteuerten Einkunftsteile nicht aus der deutschen Bemessungsgrundlage auszunehmen. Die niederländische 30 %-Regelung führt zu einer Steuerfreistellung und nicht zu einem pauschalen Werbungskostenabzug.
FG Düsseldorf v. 25.10.2022 – 13 K 2867/20 E, EFG 2023, 92, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 51/22
e) Steuerliche Berücksichtigung von durch Einkünfte in den Niederlanden ausgelöste Versorgungsbeiträge
In den Niederlanden gezahlte niederländische Renten- und Pflegeversicherung sowie Zusatzversicherung zur Krankenversicherung – ausgelöst durch dort erzielte Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen – sind nicht als Sonderausgaben i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Nr. 3 und Nr. 3a EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen. Die Vorsorgeaufwendungen mindern auch nicht das für die Berechnung des Progressionsvorbehalts anzusetzende steuerfreie Einkommen, da dort der Einkünftebegriff maßgebend ist.
FG Düsseldorf v. 21.10.2021 – 9 K 1517/20 E, EFG 2023, 127, Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 28/21
f) Steuerfreiheit nach Art. X Abs. 1 S. 2 NATOTrStat
Eine Ausnahme von der unbeschränkten Steuerpflicht nach Art. X Abs. 1 S. 1 NATOTrStat kann nur bejaht werden, wenn anhand von Indizien festgestellt werden kann, dass die betreffende Person in dem maßgeblichen Zeitraum fest entschlossen war, nach Beendigung ihres Dienstes in den Ausgangs- oder ihren Heimatstaat zurückzukehren.
Für die Steuerbefreiung des Art. X Abs. 1 S. 2 NATOTrStat ist es jedoch nach Auffassung des FG Rheinland-Pfalz – insoweit abweichend von der BFH-Rechtsprechung (s. BFH v. 24.2.1988 – I R 69/84, BStBl. II 1989, 290) – nicht erforderlich, dass die Mitglieder einer Truppe oder eines zivilen Gefolges unter Art. X Abs. 1 S. 1 NATOTrStat fallen, d.h. sich "nur in dieser Eigenschaft" im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates aufhalten.
FG Rheinland-Pfalz v. 27.9.2022 – 3 K 1621/20, EFG 2023, 256, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 46/22
g) Steuerbefreiung nach Art. X Abs. 1 S. 2 NATOTrStat
Für die Steuerbefreiung der von dem Entsendestaat an Mitglieder einer Truppe gezahlten Bezüge i.S.d. Art. X Abs. 1 S. 2 NATOTrStat ist nicht erforderlich, dass die Mitglieder einer Truppe unter Art. X Abs. 1 S. 1 NATOTrStat fallen, d.h. sich "nur in dieser Eigenschaft" im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates aufhalten.
FG Rheinland-Pfalz v. 27.9.2022 – 3 K 1372/20, EFG 2023, 262, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 47/22