a) "Riester"-Rentenbeiträge bei fehlendem Antrag
Der Sonderausgaben-Abzug nach § 10a EStG setzt einen entsprechenden Antrag des Steuerpflichtigen voraus. Daher reicht eine elektronische Übermittlung der Daten durch den Anbieter des Altersvorsorgevertrags insoweit nicht aus. Wird i.R.d. Veranlagung ein Sonderausgaben-Abzug nicht berücksichtigt, kommt nach Eintritt der Bestandskraft eine Änderung des ESt-Bescheids nicht mehr in Betracht.
FG Köln v. 15.5.2020 – 5 K 2350/19, EFG 2021, 1369, Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 32/20
b) Anspruch auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG
Bei der Berechnung der 410 EUR-Einkünftegrenze für eine sog. Pflichtveranlagung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG sind die maßgeblichen Einkünfte (im Streitfall: aus Gewerbebetrieb) im Hinblick auf die Behandlung von Vorsteuerbeträgen (als BA) nach Maßgabe des § 9b Abs. 1 EStG zu ermitteln. Entscheidend ist dabei allein die nach dem USt-Recht zu beurteilende Berechtigung des Steuerpflichtigen zum Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG und grundsätzlich – mit Ausnahme des Rechtmissbrauchs – nicht die tatsächliche Handhabung im USt-Bescheid. Der USt-Bescheid ist insofern kein Grundlagenbescheid für den ESt-Bescheid.
Erklärt der Steuerpflichtige bezüglich eines gemischt genutzten WG (im Streitfall: einer Photovoltaik-Anlage) nicht rechtzeitig bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die USt-Erklärung eindeutig und objektiv dokumentiert die Zuordnung des WG zum Unternehmen, so sind die auf die Anschaffung des WG entfallenden Vorsteuerbeträge nicht i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG abzugsfähig. Dies führt dazu, dass die Voraussetzungen des § 9b Abs. 1 EStG nicht erfüllt sind und die Vorsteuerbeträge – ungeachtet der Handhabung im USt-Bescheid – einkommensteuerlich nicht als sofort abzugsfähige BA (bzw. WK) zu behandeln sind.
FG Hess. v. 27.10.2020 – 11 K 513/20, EFG 2021, 1378, Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 35/20
c) Aufwendungen aus Pool-Finanzierung bei gleichzeitiger Erzielung steuerfreier Investmenterträge
Der Bezug von steuerfreien Investmenterträgen hat kein Abzugsverbot gem. § 3c Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG von anteiligen Aufwendungen aus einer sog. Pool-Finanzierung zur Folge, weil es an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Einkünften und den Aufwendungen fehlt.
FG Nürnberg v.13.10.2020 – 1 K 610/19, EFG 2021, 1396, Rev. eingelegt, Az. des BFH: XI R 39/20
d) Günstigerprüfung gem. § 10a Abs. 2 EStG
Ist der Sonderausgabenabzug nach § 10a Abs. 1 EStG günstiger als der Anspruch auf Zulage nach Abschn. XI EStG, ist die um den Zulagenanspruch erhöhte tarifliche ESt die tarifliche Steuer, von der aus der Abzug der Steuerermäßigung nach § 35a EStG vorzunehmen ist.
Schl.-Holst. FG v. 12.5.2021 – 5 K 18/19, EFG 2021, 1454, Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 11/21
e) Hausnotrufsystem als haushaltsnahe Dienstleistung
Kosten einer alleinstehenden Seniorin für ein Hausnotrufsystem sind auch dann als Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen gem. § 35a Abs. 2 S. 1 EStG steuerbegünstigt, wenn sie nicht i.R.d. "Betreuten Wohnens" in einer Seniorenwohneinrichtung anfallen (entgegen BMF v. 9.11.2016 – IV C 8 - S 2296-b/07/10003:008, BStBl. I 2016, 1213, Anlage 1 zu Rz. 11).
FG Baden-Württemberg v. 11.6.2021 – 5 K 2380/19, EFG 2021, 1548, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 14/21
f) Ermäßigter Steuersatz auf kapitalisierte Versorgungsbezüge
Eine kapitalisierte Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG liegt nur dann vor, wenn die Kapitalisierung für den betreffenden Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich atypisch ist. Das FG Rheinland-Pfalz hat nun entschieden, dass die Kapitalisierung der sog. Basisversorgung – die gesetzliche Rente oder Leistungen aus einem Ersatzsystem – stets atypisch ist. Die Kapitalisierung darüber hinausgehender Versorgungsleistungen ist dagegen nicht atypisch, wenn das Kapitalisierungswahlrecht von Anfang an oder später vertraglich vereinbart oder satzungsmäßig festgeschrieben wird.
Beraterhinweis Ob eine Teil-Kapitalisierung von Versorgungsbezügen die Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG stets ausschließt, konnte das FG offenlassen.
FG Rheinland-Pfalz v. 16.6.2020 – 6 K 1449/18, EFG 2021, 1621, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 5/21
g) Erstattete Kirchensteuer
Ein Arbeitnehmer, der seinem als Haftungsschuldner in Anspruch genommenen Arbeitgeber im Wege des Rückgriffs die auf ihn entfallende Kirchensteuer erstattet, kann diese nicht im Rahmen seiner ESt-Veranlagung als Sonderausgaben geltend machen. Denn in diesem Fall erfolgt die Zahlung nicht aufgrund einer persönlichen Kirchensteuerschuld, sondern aufgrund des Haftungsbescheids.
FG Münster v. 23.6.2020 – 12 K 3738/19 E, EFG 2021, 1715, Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 16/21
h) Kinderfreibeträge bei Progressionsvorbehalt
Im Falle von unter Progressionsvorbehalt stehenden steuerfreien ausländischen Einkünften liegt auch dann keine unzulässige Übermaßbesteuerung vor, wenn bei Zusammenrechnung der Auslandssteuer und der inländischen Steuererhöhung aufgrund des Progressionsvorbehaltes eine Steuerbelastung von mehr als 49 % bezogen auf die ausländischen Einkünfte entsteht. In derartigen Fällen ist es auch weder verfassungsrechtlich noch europarechtlich geboten, die steuerliche Auswirkung der Kinderfreibeträge so zu berücksichtigen, als wären statt der unter Progressionsvorbehalt steuerfreien ausländischen Einkünfte steuerpflichtige inländische Einkünfte erzielt worden.
FG Bad...