Vom FG entschiedene und zwischenzeitlich beim BFH anhängige Verfahren
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, StB
Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick über ausgewählte praxisrelevante Entscheidungen aus der FG-Rechtsprechung, die in der Zwischenzeit (seit der letzten Auswertung in EStB 2023, 34) beim BFH anhängig sind.
1. Gewinneinkünfte
a) Zeitpunkt des Wegfalls des negativen Kapitalkontos
Das negative Kapitalkonto fällt zu dem Zeitpunkt weg, zu dem feststeht, dass ein Ausgleich des negativen Kapitalkontos mit zukünftigen Gewinnanteilen nicht mehr in Betracht kommt. Das ist insbesondere bei einer Einstellung des werbenden Betriebs einer GmbH & Co. KG der Fall, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine neue Betätigung aufgenommen werden soll.
FG Münster v. 20.7.2022 – 9 K 3170/19 F, EFG 2023, 49, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 28/22
b) Auswirkungen einer § 6b-Rücklage bei § 15a EStG
Wird eine bei einer früheren Gesellschaft gebildete Rücklage nach § 6b EStG auf das Kapitalkonto eines Kommanditisten verbucht, ist der entsprechende Betrag bei der Ermittlung des negativen Kapitalkontos nach § 15a EStG zu berücksichtigen.
FG Nds. v. 19.7.2022 – 12 K 33/18, EFG 2023, 124, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 24/22
c) Betriebsausgabenabzugsverbot hinsichtlich der neuen Bankenabgabe verfassungsgemäß
§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 13 EStG ist hinsichtlich der neuen Bankenabgabe formell verfassungskonform. Die Änderungen der durch § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 13 EStG in Bezug genommenen Jahresbeiträge nach § 12 Abs. 2 RStruktFG lösten keine Zustimmungspflicht des Bundesrates aus. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 13 EStG ist nach Auffassung des FG Hamburg auch materiell nicht verfassungswidrig – insbesondere verstößt die Norm nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG. Denn der vom Gesetzgeber im verfassungsmäßigen Rahmen verfolgte Zweck des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 13 EStG ist, Bankgeschäfte, von denen systemische Risiken ausgehen, zu verteuern, indem der Betriebskostenabzug der Jahresbeiträge für den Restrukturierungsfonds versagt wird.
FG Hamburg v. 30.9.2022 – 6 K 47/21, EFG 2023, 200, Rev. eingelegt, Az. des BFH: XI R 30/22
d) Zuflussbesteuerung bei Einnahmen aus einer Nutzungsüberlassung gem. § 11 Abs. 1 S. 3 EStG
Einnahmen aus einer Nutzungsüberlassung können unter bestimmten Voraussetzungen gem. § 11 Abs. 1 S. 3 EStG auf einen bestimmten Zeitraum verteilt werden. Erforderlich ist jedoch in jedem Fall ein bestimmbarer Zeitraum. Hieran fehlt es, wenn (im Streitfall im Bereich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft) die ordentliche Kündigung des Überlassungsvertrags für 30 Jahre ausgeschlossen ist und weitere Anhaltspunkte für eine Befristung oder ein auflösendes Ereignis nicht vorliegen.
Schl.-Holst. FG v. 9.11.2022 – 2 K 217/21, EFG 2023, 253, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IX R 18/22
e) GmbH-Anteile und Darlehen als Sonderbetriebsvermögen II einer KG
Für die Qualifikation einer Kapitalbeteiligung und ein dieser Gesellschaft gewährtes Darlehen als notwendiges oder gewillkürtes Sonder-BV II einer KG genügt es nicht, dass die geschäftlichen Aktivitäten der Gesellschaften in demselben Geschäftsfeld gleichrangig zur Vermeidung eines Verdrängungswettbewerbs aufeinander abgestimmt werden, die Kommanditistin und Gesellschafter-Geschäftsführerin der Komplementärin ein Erfahrungswissen zur Förderung der Beteiligung an der KG erlangt oder die Gesellschafterin die Zinsen aus dem Darlehen erhält, die sie der KG zuführen kann.
FG Münster v. 23.8.2022 – 15 K 52/19 G, EFG 2023, 279, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BFH: IV B 74/22
f) Teilabzugsverbot nach § 3c Abs. 2 EStG für Konzernabschlusskosten sowie allgemeine Verwaltungskosten
Konzernabschlusskosten und Gemeinkosten einer Holdinggesellschaft, deren einzige Tätigkeit im Halten einer GmbH-Beteiligung besteht, stehen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den hieraus erzielten Einnahmen. Das FG entschied, dass – im Gegensatz zu § 3c Abs. 1 EStG – bei § 3c Abs. 2 EStG auch ein nur mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang für das Eingreifen des Abzugsverbots ausreicht, wobei allerdings ein rechtlicher Zusammenhang nicht erforderlich ist. Aus dem Gesetzeszweck, eine inkongruente Begünstigung durch die Zulassung des vollen Betriebsausgabenabzugs im Zusammenhang mit der Erzielung zu 40 % steuerfreier Einnahmen auszuschließen, ergibt sich, dass alle Ausgaben, die mit diesen Einnahmen in Zusammenhang stehen, ebenfalls zu 40 % abzugsbeschränkt sein müssen.
Unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Zielsetzung bestand im Streitfall ein wirtschaftlicher Zusammenhang der streitbefangenen Kosten, die v.a. den Konzernabschluss betreffen, mit den Einnahmen aus Gewinnausschüttungen der GmbH.
FG Köln v. 25.8.2022 – 3 K 999/20, EFG 2023, 331, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 25/22
g) Änderung eines gesondert festgestellten Veräußerungsgewinns
Die Ausübung des Wahlrechts zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Veräußerungsgewinne nach § 34 Abs. 3 EStG kann nach Eintritt der materiellen Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides nach Auffassung des FG Köln auch dann nicht widerrufen werden, wenn die Höhe des Veräußerungsgewinns in einem Feststellungsbescheid später herabgesetzt wird.
FG Köln v. 9.3.2022 – 15 K 1055/20, EFG 2023, 95, Rev. eingelegt, Az. des BFH: III R 25/22
2. Gewerbesteuer
a) Beginn der Gewerbesteuerpflicht einer sog. Ein-Objekt-Personengesellschaft
Die Gewerbesteuerpflicht (GewSt-Pflicht) einer sog. Ein-Objekt-Personengesellschaft (im Streitfall: eine Gesellschaft mit dem Zweck der Bebauung eines Grundstück...