Vom FG entschiedene und zwischenzeitlich beim BFH anhängige Verfahren
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, StB
Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick über ausgewählte praxisrelevante Entscheidungen aus der FG-Rechtsprechung, die in der Zwischenzeit (seit der letzten Auswertung in EStB 2024, 30) beim BFH anhängig sind.
1. Gewinneinkünfte
a) Bildung von Bewertungseinheiten durch Energiehandelsunternehmen
Bewertungseinheiten nach § 5 Abs. 1a EStG beim Abschluss von Grund- und Sicherungsgeschäften können – jedenfalls in der Zeit vor Einführung des § 254 HGB n.F. – nur im Falle sog. Micro-Hedges bei identischen Fälligkeitsterminen der beiden Geschäfte, nicht aber bei sog. Macro-Hedges gebildet werden.
Variation Margins (= Nachschusszahlungen an die Clearingstelle beim Handel mit Futures über die EEX [European Energy Exchange] in Leipzig zur börsentäglichen Angleichung des kontrahierten Preises an den aktuellen Marktpreis), die beim Handel von Futures über die Börse zu leisten sind, sind nach Auffassung des FG keiner Teilwertabschreibung zugänglich. Vielmehr sind Verlustbeträge durch die Bildung einer Drohverlustrückstellung zu berücksichtigen, die sich wegen § 5 Abs. 4a S. 1 EStG allerdings steuerrechtlich nicht auswirkt.
FG Düsseldorf v. 7.9.2023 – 7 K 634/18 F, EFG 2024, 21, Rev. eingelegt, Az. des BFH: XI R 32/23
b) In 2002 erfolgte Veräußerung eines in 12/2000 teilweise unentgeltlich erworbenen Aktienpakets (§ 17 EStG)
Die Rechtsprechungsgrundsätze zum veranlagungszeitraumbezogenen Beteiligungsbegriff, die der BFH zu § 17 Abs. 1 S. 1 und S. 4 EStG i.d.F. vom 24.3.1999 entwickelt hat, sind nach Auffassung des Niedersächsischen FG – insoweit der Finanzverwaltung folgend – nicht auf die Absenkung der Beteiligungsgrenze durch das StSenkG vom 23.10.2000 auf 1 % anzuwenden. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG i.d.F. des StSenkG vom 23.10.2000 ist verfassungsgemäß.
§ 17 Abs. 1 S. 4 EStG i.V.m. § 52 Abs. 1 S. 1 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und ist nichtig, soweit in dem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen steuerlich erfasst werden, die bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 am 31.3.1999 entstanden sind und die
- entweder (bei einer Veräußerung bis zu diesem Zeitpunkt) nach der zuvor geltenden Rechtslage steuerfrei realisiert worden sind
- oder (bei einer Veräußerung nach Verkündung des Gesetzes) sowohl zum Zeitpunkt der Verkündung als auch zum Zeitpunkt der Veräußerung nach der zuvor geltenden Rechtslage steuerfrei hätten realisiert werden können
(Anschluss an BVerfG v. 7.7.2010 – 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, BStBl. II 2011, 86). Beachten Sie: Entsprechendes gilt für die Herabsenkung der Beteiligungsgrenze von 10 % auf 1 % durch das StSenkG v. 23.10.2000.
FG Nds. v. 14.4.2015 – 13 K 254/12, EFG 2024, 32, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IX R 8/23.
c) Anspruch auf Abschlusszahlung aus Lizenzvertrag
Ein Anspruch auf Abschlusszahlung nach Ablauf eines mehrjährigen Lizenzvertrags ist zeitanteilig in den einzelnen Jahren der Vertragslaufzeit zu aktivieren, wenn mit dem künftigen Entstehen der Zahlung fest zu rechnen ist.
FG München v. 17.5.2023 – 1 K 478/18, EFG 2024, 43, NZB eingelegt, Az. des BFH: IV B 35/23
d) Veräußerung von Anteilen an Immobilienkapitalgesellschaften als gewerbliche Tätigkeit?
Die Veräußerung von Anteilen an Grundstückskapitalgesellschaften stellt keinen Gewerbebetrieb dar, wenn sich die Anteilsveräußerungen nicht als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellen. Unabhängig davon wird die Grenze zur privaten Vermögensverwaltung auch nicht überschritten, wenn innerhalb von fünf Jahren Anteile an mehr als drei Grundstückskapitalgesellschaften verkauft werden.
FG Berlin-Brandenburg v. 19.9.2023 – 8 K 8162/21, EFG 2024, 56, Rev. eingelegt, Az. des BFH: III R 29/23
e) Corona-Überbrückungshilfe für Unternehmen
Die für die Monate Juni bis August 2020 aus Landesmitteln gewährte NRW Überbrückungshilfe Plus i.H.v. monatlich 1.000 EUR für kleine und mittelständische Unternehmen, mit der Ausgaben für die private Lebensführung beglichen werden konnten, gehört zu den Betriebseinnahmen des Unternehmens. Die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Buchst. d oder § 3 Nr. 11 EStG sind nicht erfüllt.
FG Düsseldorf v. 7.11.2023 – 13 K 570/22 E, EFG 2024, 147, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 34/23
f) Gesellschafter-Darlehenskonten als Fremdkapitalkonten
Die Überziehung eines bei einer Personengesellschaft für den Gesellschafter geführten Darlehenskontos kann als Kredit einer Personengesellschaft ihrem Gesellschafter gegenüber beurteilt werden. Maßgeblich für die Beurteilung als Fremdkapital ist, ob das entsprechende Darlehen betrieblich veranlasst ist oder nicht. Bei privater Veranlassung liegen schuldrechtlich veranlasste Fremdkapitalkonten vor.
FG Rheinland-Pfalz v. 28.9.2023 – 6 K 1796/21, EFG 2024, 191, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 25/23
g) Sanierungsabsicht i.S.d. § 3a EStG
Sanierungsabsicht i.S.d. § 3a EStG liegt auch dann vor, wenn der Gläubiger mit dem Forderungsverzicht eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt und die Sanierung des Schuldners insoweit nur ein Nebenziel ist.
Verfahrensrechtlich hat das FG entschieden, dass der Antrag nach § 52 Abs. 4a S. 3 i.V.m. § 3a EStG ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO darstellt.
FG Münster v. 4....