Vom FG entschiedene und zwischenzeitlich beim BFH anhängige Verfahren
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, StB
Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick über ausgewählte praxisrelevante Entscheidungen aus der FG-Rechtsprechung, die in der Zwischenzeit (seit der letzten Auswertung in EStB 2024, 150) beim BFH anhängig sind.
1. Gewinneinkünfte
a) Einnahmen aus Insolvenzanfechtung als nachträgliche Betriebseinnahmen
Ob ein auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe rückwirkender Sachverhalt oder nicht begünstigte laufende Einkünfte vorliegen, ist unabhängig von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Sinn und Zweck des § 16 EStG zu beurteilen. Das FG Baden-Württemberg hat hierzu entschieden, dass die zivilrechtliche Rückabwicklung vor Betriebsaufgabe vorgenommener Rechtsgeschäfte (im Streitfall ging es um eine Insolvenzanfechtung gem. §§ 143 f. InsO) im Anwendungsbereich des § 16 EStG stets zur steuerlichen Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe und nicht zu nachträglichen Betriebseinnahmen führt.
FG Baden-Württemberg v. 28.11.2023 – 8 K 1180/21, EFG 2024, 467, Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 4/24
b) Steuerberatungstätigkeit als Liebhaberei?
Der bei einer freiberuflichen Steuerberatungs- oder Rechtsanwaltstätigkeit wegen der Art des Unternehmens für die Einkünfteerzielungsabsicht sprechende Anscheinsbeweis entfällt nur, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass im konkreten Einzelfall nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Beweggründe des Steuerpflichtigen für die Fortführung der verlustbringenden Tätigkeit bestimmend sind. Dies gilt auch dann, wenn die selbständig ausgeübte Steuerberatungstätigkeit eng mit der nichtselbständig ausgeübten (Haupt-)Berufstätigkeit verzahnt ist.
FG Köln v. 19.1.2022 – 5 K 1311/20, EFG 2024, 543, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 26/23
c) Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Gewinnzuschlags gem. § 6b Abs. 7 EStG für Zeiträume ab 1.1.2019
Die Höhe des Gewinnzuschlags gem. § 6b Abs. 7 EStG ist nach Auffassung des FG Baden-Württemberg auch für Zeiträume ab 1.1.2019 verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn § 6b Abs. 7 EStG weist einen über den Zweck der Einnahmeerzielung hinausgehenden, besonderen schlichten Rechtfertigungsgrund (Ausgleich von Zinsvorteilen, Missbrauchsvermeidung) auf und genügt damit den strengen Anforderungen, die das BVerfG an steuerliche Nebenleistungen stellt.
Beachten Sie: Anders als bei Nachzahlungszinsen ist der Gesetzgeber im Anwendungsbereich des § 6b Abs. 7 EStG daher nicht gehalten, sich ausschließlich an dem zu erzielenden Zinsvorteil zu orientieren. Das FG hält
für nicht miteinander vergleichbar.
FG Baden-Württemberg v. 18.9.2023 – 10 K 1459/22, EFG 2024, 546, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 20/23
d) Übertragung einer Rücklage gem. § 6b Abs. 3 EStG auf eine KGaA
Auf Grund der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise in § 6b EStG ist auch der Abzug eines dem Gesellschafter zuzurechnenden Veräußerungsgewinns von Anschaffungskosten und Herstellungskosten der Wirtschaftsgüter eines Einzel- oder Sonderbetriebsvermögens des Gesellschafters sowie in Höhe des auf den Gesellschafter entfallenden ideellen Anteils von Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft möglich, an der der Gesellschafter als Mitunternehmer beteiligt ist. Dies gilt nach Auffassung des FG Köln entsprechend für die Übertragung von Reinvestitionsrücklagen gem. § 6b Abs. 3 EStG durch Komplementäre einer KGaA auf Reinvestitionswirtschaftsgüter der KGaA.
FG Köln v. 13.7.2023 – 1 K 1783/18, EFG 2024, 656, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 21/23
e) Zusammenfassung mehrerer Betätigungen des Einzelunternehmers i.R.d. Höchstbetragsberechnung nach § 7g EStG
Die Zusammenfassung oder Abgrenzung mehrerer gewerblicher Tätigkeitsfelder desselben Einzelunternehmers erfolgt nach allgemeinen ertragsteuerlichen Kriterien im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände. Nach Auffassung des FG Düsseldorf erfordert § 7g EStG hinsichtlich der Höchstbetragsberechnung keine normspezifische Auslegung des Betriebsbegriffs.
FG Düsseldorf v. 8.12.2021 – 15 K 1186/21 G, E, EFG 2024, 660, Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 8/23
f) Kein Investitionsabzugsbetrag bei späterer Einbringung in eine Kapitalgesellschaft
Ein in einem Einzelunternehmen bereits gebildeter Investitionsabzugsbetrag (IAB) gem. § 7g EStG ist rückgängig zu machen, wenn das Einzelunternehmen vor Vornahme der Investitionen in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird. Ebenso wie bereits die Bildung eines IAB ausscheidet, wenn im Zeitpunkt seiner Geltendmachung beim FA feststand, dass der Betrieb zu Buchwerten in eine KapG eingebracht werden soll, ist ein zunächst rechtmäßig gebildeter IAB nach Auffassung des FG Köln rückgängig zu machen, wenn bei einer (rückwirkenden) Einbringung des Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft die Investitionen letztlich erst nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag in eine Kapitalgesellschaft erfolgen.
FG Köln v. 30.11.2023 – 7 K 522/22, EFG 2024, 822, Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 7/24
g) Kein IAB nach Steuerbefreiung für Photovoltaikanlage
Ist eine Hinzurechnung gem. § 7g Abs. 2 S. 1 EStG ausgeschlossen, weil keine Gewinnermittlung mehr zu erstellen ist (im Streitfall aufgrund der durch das JStG 2022 rückwirkend zum 1.1.2022 nach § 3 Nr. 72 S. 1 Buchst. a) EStG steuerfreien Einkünfte aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage), ist der IAB ...