a) Wenn die Vorsitzende einer Strafkammer in einem Telefonat vor der Hauptverhandlung einen Oberstaatsanwalt fragt, ob dieser für einen gemeinsamen Besprechungstermin mit der Strafkammer und dem Verteidiger zur Verfügung stehe, dieser es bejaht und erklärt, dass er mit einer Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO, wie vom Verteidiger vorgeschlagen, nicht einverstanden sei, ist dies kein mitteilungspflichtiges Gespräch nach § 243 Abs. 4 StPO (vgl. aber BGH v. 31.8.2021 – 2 StR 339/20, AO-StB 2022, 291; i.Ü. zum Ganzen: Franke in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 4. Aufl. 2020, § 243 Rz. 33 f.; Schneider in Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Aufl. 2019, Rz. 39 ff.).
BGH v. 3.3.2022 – 5 StR 228/21
b) Die Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 S. 1 StPO verfolgt zum einen den Zweck, den Angeklagten, der an den Verständigungsgesprächen nicht teilgenommen hat, durch eine umfassende Unterrichtung über die wesentlichen Gesprächsinhalte seitens des Gerichts in die Lage zu versetzen, eine sachgerechte autonome Entscheidung über sein Verteidigungsverhalten zu treffen. Zum anderen sollen die Transparenz- und Dokumentationspflichten aus § 243 Abs. 4 StPO zum Schutz des Angeklagten eine effektive Kontrolle des Verständigungsgeschehens durch die Öffentlichkeit, die Staatsanwaltschaft und das Rechtsmittelgericht ermöglichen. Das Beruhen des Urteils auf einer Verletzung der Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 S. 1 StPO kann nur ausgeschlossen werden, wenn der Mitteilungsmangel sich einerseits nicht in entscheidungserheblicher Weise auf das Prozessverhalten des Angeklagten ausgewirkt haben kann und mit Blick auf die Kontrollfunktion der Mitteilungspflicht andererseits der Inhalt der geführten Gespräche zweifelsfrei feststeht und diese nicht auf die Herbeiführung einer gesetzwidrigen Absprache gerichtet waren.
Vor diesem Hintergrund liegt ein Verfahrensverstoß vor, auf dem das Urteil auch beruhen kann, wenn der Vorsitzende der Strafkammer in der Hauptverhandlung lediglich die Führung eines Vorgesprächs außerhalb des Sitzungssaals mit Berufsrichtern, Schöffen, Staatsanwalt und Verteidiger mitteilt und ferner das Ausbleiben einer Verständigung, aber nicht den wesentlichen Inhalt des Vorgesprächs mitteilt (vgl. hierzu auch Franke in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 4. Aufl. 2020, § 243 Rz. 14 ff.; Tormöhlen in Papperitz/Keller, ABC Betriebsprüfung, Fach 5 Stichw. "Verständigung im Strafverfahren" Rz. 6 [Oktober 2022]).
BGH v. 12.1.2022 – 4 StR 209/21