1. Gemeinschaftliche Steuerhinterziehung von Ehegatten
Im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten ist jeder Ehegatte grds. nur für seine eigenen Einkünfte verantwortlich (zur Problematik des mitwissenden und die Steuererklärung mitunterzeichnenden Ehegatten vgl. ausf. Tormöhlen in Papperitz/Keller, ABC Betriebsprüfung, Fach 5 Stichw. "Ehegattenverantwortlichkeit" Rz. 5.1 ff. [Januar 2021]. Anders ist es aber, wenn er an der Erzielung der Einkünfte des anderen Ehegatten und deren Nichtangabe bzw. unrichtiger Angabe aktiv mitwirkt (vgl. OLG Karlsruhe v. 16.10.2007 – 3 Ws 308/07, wistra 2008, 162; BayObLG v. 28.3.2001 – 4St RR 29/2001, wistra 2001, 317; FG BW v. 3.5.1999 – 12 V 11/99, EFG 1999, 810).
Betreiben die Eheleute mehr oder minder gleichrangig und gemeinsam ein Fitnessstudio, auch wenn gewerberechtlich formal die Ehefrau als Gewerbetreibende registriert ist, liegt mittäterschaftliche Steuerhinterziehung (§ 369 Abs. 2, § 370 Abs. 1 Nr. 2, § 25 Abs. 2 StGB) vor, wenn in der gemeinsamen ESt-Erklärung Einnahmen, die nicht verbucht wurden, nicht enthalten sind.
LG Hildesheim v. 25.4.2022 – 25 Ns 5622 Js 63920/20
2. Zu- und Abflussprinzip
Die USt ist als Betriebsausgabe in den Fällen des § 4 Abs. 3 EStG erst abziehbar, wenn sie geleistet worden ist (§ 11 Abs. 2 S. 1 EStG). Anders als bei der Bilanzierung (§ 4 Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 1 S. 1 EStG), innerhalb derer sich etwaig nachzuentrichtende USt ohne weiteres aus der Nacherklärung der verschwiegenen Betriebseinnahmen ergeben würde, erfordert das Zu- und Abflussprinzip der Einnahmen-Überschussrechnung mit der Ausgabe eine weitere Abzugsvoraussetzung.
Deshalb können bei einem Gebrauchtwarenhändler, der seinen Gewinn mittels Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt und bei Abgabe der Gew- und ESt-Erklärungen Teile seines Betriebsgewinns sowie bei Abgabe seiner USt-Erklärungen dementsprechend einen Teil seiner Ausgangsumsätze verschwiegen hat, die hinterzogenen und nachzuzahlenden USt-Beträge nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden (zum Kompensationsverbot vgl. eingehend Grötsch in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 370 AO Rz. 112 ff.; Tormöhlen in Papperitz/Keller, ABC Betriebsprüfung, Fach 5 Stichwort "Vorteilsausgleichsverbot" Rz. 1.3 ff. [Januar 2021]).
BGH v. 5.10.2023 – 1 StR 328/23
3. Wahl der Gewinnermittlungsart
Für Gewinneinkünfte sieht § 4 Abs. 1 S. 1 EStG grds. die Ermittlung des betrieblichen Gewinns auf Grund Bestandsvergleichs vor (vgl. hierzu Korn in Korn, EStG, § 4 Rz. 160 [März 2021]; Bode in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl. 2023, § 4 Rz. 28). Allerdings hat der Steuerpflichtige, der nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, ein Wahlrecht, seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 S. 1 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung zu ermitteln. Wenn ein nicht buchführungs- und abschlusspflichtiger Steuerpflichtiger keine Wahl trifft, dann verbleibt es bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich. Maßgeblich für die Ausübung des Wahlrechts ist die tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung (vgl. u.a. BFH v. 19.3.2009 – IV R 57/07, BStBl. II 2009, 659; Bode in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl. 2023, § 4 Rz. 132 m.w.N.).
BGH v. 5.9.2023 – 1 StR 207/23
4. Umsatzsteuerhinterziehung
a) Keine Scheinrechnung bei Innenumsätzen eines Unternehmers
Wenn ein Unternehmer mehrere Einzelfirmen betreibt und Rechnungen mit offenem USt-Ausweis an eine andere Firma seines eigenen Unternehmensverbundes stellt, denen kein realer Geschäftsvorfall zugrunde liegt, entsteht insoweit keine Umsatzsteuerschuld. Denn nach § 14c Abs. 2 S. 2 Alt. 2, § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG entsteht die Steuerschuld bei Ausweis von Umsatzsteuer in nicht leistungsunterlegten Rechnungen nicht bereits mit der Erstellung, sondern erst mit der Ausgabe der Rechnung an den Rechnungsempfänger (vgl. Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 13 Rz. 54 [August 2020]). Die Hergabe einer Rechnung verlangt jedoch einen Austausch zwischen mehreren Personen, so dass der Leistungsempfänger nicht mit dem Leistenden identisch sein darf (vgl. Neeser in Wäger, UStG, 2. Aufl. 2012, § 14c Rz. 10) und somit Innenumsätze eines Unternehmers nicht steuerbar sind (vgl. BFH v. 16.12.2020 – XI R 13/19, UStB 2021, 177 = HFR 2021, 611; ferner Widmann in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 14c Rz. 22 [August 2020]).
BGH v. 7.2.2023 – 1 StR 430/22
b) Einbindung in einer Mehrwertsteuerbetrugskette
Ein inländischer Kfz-Händler, der Proforma-Rechnungen über vermeintlich steuerfreie, tatsächlich aber nicht stattgefundene innergemeinschaftliche Fahrzeuglieferungen an in Polen oder Tschechien ansässige Abnehmer gestellt und nach den Weisungen seiner Hintermänner lediglich die Kaufverträge unterschrieben, die Kaufpreise weitergeleitet und die Gelangensbestätigung sowie den schriftlichen Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung entgegengenommen und in seiner Belegbuchhaltung abgelegt hat, ohne je über die Fahrzeuge tatsächlich verfügt zu haben, begeht keine USt-Hinterziehung dadurch, dass er keine USt-Erklärung abgegeben hat. Denn die vorgetäuschten Fahrzeugankäufe sowie die angeblichen Weiterlieferungen nach Polen oder Tschechien begründeten weder ein Vorsteuerabzugsrecht noch eine Steuerschuld. Das Recht ...