1. Amtsenthebung eines Schöffen (§ 51 Abs. 1 GVG)
Nach § 51 Abs. 1 GVG ist ein Schöffe seines Amtes zu entheben, wenn er seine Amtspflichten gröblich verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift dann anzunehmen, wenn der Schöffe ein Verhalten zeigt, das ihn aus objektiver Sicht eines verständigen Verfahrensbeteiligten ungeeignet für die Ausübung des Schöffenamtes erscheinen lässt, weil er nicht mehr die Gewähr dafür bietet, unparteiisch und nur nach Recht und Gesetz zu entscheiden. Beispiele hierfür sind etwa wiederholtes unentschuldigtes Fernbleiben von Sitzungen, fehlende postalische Erreichbarkeit, Verweigerung der Eidesleistung, verfassungsfeindliche Aktivitäten (vgl. Güntge in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 4. Aufl. 2020, § 51 GVG Rz. 1: Verbreitung von Hassbotschaften gegen Ausländer im Internet). Jedenfalls ist ein Schöffe unfähig zum Schöffenamt, wenn er auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung nicht die Fähigkeit besitzt, öffentliche Ämter zu bekleiden oder er wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt worden ist. Jedoch kann allein aus dem Umstand, dass die Ahndung einer solchen Tat hinter den Anforderungen des § 32 GVG zurückbleibt, nicht gefolgert werden, dass der Schöffe trotz Begehung der Tat als fähig zur Amtsausübung anzusehen wäre.
Eine Amtsenthebung ist allerdings nicht bereits durch die Teilnahme an nicht angemeldeten sog. Montagsdemonstrationen gerechtfertigt. Denn damit nimmt ein Schöffe seine Grundrechte auf Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG und Versammlungsfreiheit gem. Art. 8 Abs. 1 GG wahr. Allein die vom Schöffen dabei zum Ausdruck gebrachte Ablehnung der (früheren) staatlich angeordneten Maskenpflicht im Freien zur Bekämpfung der Corona-Pandemie bedeutet noch nicht, dass er grundsätzlich staatliche Strukturen ablehnt und deshalb kein Repräsentant des Rechtsstaates mehr sein könnte.
OLG Zweibrücken v. 14.10.2022 – 1 Ws 187/22
2. Öffentlichkeit der Hauptverhandlung (§ 169 Abs. 1 GVG)
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht wird nicht dadurch verletzt, dass vor dem ursprünglichen Sitzungssaal kein Hinweis auf den geänderten Sitzungsort vorhanden ist. Zwar muss grundsätzlich ein Hinweis auf eine bestimmte Verhandlung in Form eines Aushangs erfolgen (vgl. Mayer in Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 169 Rz. 47; a.A. OVG Sachsen-Anhalt v. 31.3.2017 – 4 L 93/16, BeckRS 2017, 108673). Wenn sich jedoch vor dem konkreten Sitzungssaal kein (zusätzlicher) Aushang befindet, ist es ausreichend, wenn auf den Gerichtstafeln im Eingangsbereich des Gerichts auf den korrekten Saal und den Sitzungsbeginn hingewiesen wird. Der fehlende Verlegungshinweis führt allenfalls zu einer vermeidbaren Verzögerung der Hauptverhandlung.
KG v. 21.12.2022 – (3) 121 Ss 165/22 (67/22)