FG- und BFH-Entscheidungen
[Ohne Titel]
RiFG Reinold Borgdorf
Als Fortsetzung der Rechtsprechungsübersicht in AO-StB Heft 7/2023 (Kober, AO-StB 2023, 211) werden wiederum praxisrelevante Entscheidungen der Finanzgerichte neben bislang noch nicht besprochenen Entscheidungen des BFH vorgestellt. Die Darstellung orientiert sich an der Paragraphenreihenfolge der AO und der FGO.
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I. Abgabenordnung
1. § 129 AO – Berichtigung eines Feststellungsbescheides.
Im Fall hatte die Klägerin in der Anlage KSt 1 F (Erklärung zur gesonderten Feststellung u.a. des steuerlichen Einlagekontos [§ 27 Abs. 2 KStG] und des durch Umwandlung von Rücklagen entstandenen Kapitals [§ 28 Abs. 1 S. 3 KStG]) den festzustellenden Betrag des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2007 sowie dessen Bestand zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres und den Endbestand zum Schluss des Wirtschaftsjahres jeweils mit 0 EUR angegeben. In der mit der Steuererklärung eingereichten Bilanz war jedoch eine Kapitalrücklage ausgewiesen. Ebenso war im Anhang der Bilanz ausgeführt, dass das Eigenkapital u.a. eine Kapitalrücklage beinhalte. Nach bestandskräftiger Veranlagung beantragte die Klägerin die Änderung des Bescheids zum 31.12.2007 nach § 129 AO mit dem Ziel der Berücksichtigung der im Jahr 2007 getätigten Einlage von ... EUR bei der Feststellung des steuerlichen Einlagekontos.
Das Gericht hat in seiner Entscheidung die Voraussetzungen der Berichtigung nach § 129 AO bejaht. Es hat das zwischen den Beteiligten allein streitige Tatbestandsmerkmal der Offenbarkeit der Unrichtigkeit bejaht. Es sei bereits aus der Bilanz ersichtlich gewesen, dass eine Kapitalrücklage gebildet worden sei. Der dazu erforderliche Mittelzufluss wie auch der Einbringungsvorgang sein für den unvoreingenommenen Dritten aus den weiteren mit der Steuererklärung eingereichten Unterlagen offenbar gewesen. Denn anhand der Detaillierung der (nach Ansicht des Gerichts sehr übersichtlichen) Bilanz sei erkennbar gewesen, dass die Kapitalrücklage die im Vorjahr null betragen habe, nur durch einen entsprechenden Zufluss von Mitteln habe entstehen können.
FG Düsseldorf v. 7.9.2023 – 7 K 677/22 F
2. § 158 AO – Beweiskraft einer formell ordnungsmäßigen Buchführung
Das FG hat im Aussetzungsverfahren zwar bestätigt, dass die Beweiskraft einer formell ordnungsmäßigen Buchführung auch durch die Ergebnisse einer Nachkalkulation erschüttert werden kann. Es hat aber gleichzeitig ausgeführt, dass insoweit wesentlich strengere Anforderungen gelten als an die Begründung einer Schätzung des Umsatzes oder Gewinns bei festgestellten, zur Schätzung berechtigenden Mängeln der Buchführung. Denn bei der Nachkalkulation die regelmäßig mit Unsicherheitsfaktoren verbunden sei, handele es sich ihrerseits selbst um eine Schätzung. Im Ergebnis werde also die Schätzungsbefugnis erst durch eine Schätzung begründet. Daher seien an diese hohen Anforderungen zu stellen. Dem FA obliege der Nachweis, dass das Buchführungsergebnis des Steuerpflichtigen schlechterdings nicht zutreffen könne. Zu den Mindestvoraussetzungen einer derartigen Nachkalkulation gehöre es, dass diese in ihren Einzelheiten nachvollziehbar sei. Dazu sei eine weitgehende Aufgliederung des Wareneinsatzes und ein genauer Überblick über das Preisgefüge erforderlich. Daher sei es nicht ausreichend, wenn im Betriebsprüfungsbericht lediglich das Gesamtergebnis der Kalkulation dargestellt werde und der zugrunde liegende Wareneinsatz und Rohgewinnaufschlag nicht erkennbar sei.
FG München v. 3.8.2023 – 12 V 1055/23
3. § 233a Abs. 1 AO – Zurückgezahlte Erstattungszinsen negative Einnahmen aus Kapitalvermögen
Zahlt das FA zugunsten des Steuerpflichtigen festgesetzte Erstattungszinsen zur Einkommensteuer i.S.d. § 233a Abs. 1 AO an diesen aus, kann deren Rückzahlung beim Steuerpflichtigen zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG führen. Denn zu den Erträgen aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG gehören nach S. 3 der Vorschrift auch Erstattungszinsen gem. § 233a AO, da auch diese Folge einer entgeltlichen Kapitalüberlassung sind. Sind diese Zinsen damit dem steuerbaren Bereich zugeordnet, führt die Rückzahlung durch den Steuerpflichtigen grundsätzlich zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG.
Dies gilt nach dem BEFH jedoch nur insoweit, als die Rückzahlung der Zinseinnahmen durch das der Auszahlung zugrunde liegende Rechtsverhältnis veranlasst ist, es also zu einer Rückabwicklung der früheren Zinszahlung kommt. Denn nur insoweit ist die Rückzahlung der Zinsen an das FA durch das der Auszahlung von Erstattungszinsen zugrunde liegende Rechtsverhältnis veranlasst. Soweit es hingegen an einer zeitlichen und betragsmäßigen Überschneidung der gegenläufigen Unterschiedsbeträge und Verzinsungszeiträume fehlt, liegt keine Rückzahlung erhaltener Erstattungszinsen, sondern die (erstmalige) Zahlung von Nachzahlungszinsen vor. Diese sind gem. § 12 Nr. 3 Halbs. 2 EStG der Sphäre der steuerrechtlich unbeachtlichen Einkünf...