1. § 52d FGO – Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Klageerhebung in elektronischer Form durch einen Rechtsanwalt (§ 52d S. 4 FGO)
Im Fall hatte der Klägervertreter die von ihm eingereichten Klagen am 14.8.2022 per Telefax und am 15.8.2022 per Post erhoben. Auf eine Verfügung des Gerichts vom 15.8.2022, die ihm per Telefax und zugleich in das von ihm unterhaltene besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) übermittelt wurde und mit der das Gericht auf die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung nach § 52d FGO hinwies, reagierte der Klägervertreter zunächst nicht. Daher wies das Gericht die Klage durch Gerichtsbescheid als unzulässig ab. Erst danach machte der Klägervertreter per Briefpost, die am 5.9.2022 bei Gericht einging geltend, dass er von Juni bis Ende August technische Probleme bei der Einrichtung des beA gehabt habe und machte Angaben zu diesen.
Das Gericht wies die Klage als unzulässig ab. Dabei stellte es im Wesentlichen darauf ab, dass ein Rechtsanwalt, der ein beA zu unterhalten habe, nach § 52d S. 1 FGO seit dem 1.1.2022 nutzungspflichtig sei, wenn er als vertretungsberechtigter Prozessbevollmächtigter im finanzgerichtlichen Verfahren ein bei Gericht eingereichtes Dokument in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt unterzeichne. Sei eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, sei zwar die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig (§ 52d S. 3 FGO). Dies setze aber nach § 52d S. 4 FGO voraus, dass die vorübergehende Unmöglichkeit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach, glaubhaft gemacht werde. Dies müsse daher ohne schuldhaftes Zögern i.S.d. § 294 ZPO geschehen. Daran fehle es, wenn bei einer Klageerhebung zum 15.8.2022 eine Glaubhaftmachung erst zum 5.9.20202 und damit nach mehr als zwei Wochen erfolge. Somit habe zum Ablauf der Klagefrist keine wirksame Klageerhebung vorgelegen. Eine Wiedereinsetzung nach § 56 FGO komme nicht in Betracht, da bei dem vorliegenden Sachverhalt eine schuldhafte Säumnis vorliege.
FG Münster v. 7.12 2022 – 9 K 1957/22 E,G
2. 52d FGO – Unwirksamkeit einer Klageerhebung durch einen Rechtsanwalt per Telefax
Ab dem 1.1.12022 müssen Klageerhebungen als elektronisches Dokument i.S.v. § 52a Abs. 1 und auch gemäß den Vorgaben des § 52a Abs. 3 FGO folgend übermittelt werden. Als elektronisches Dokument gilt nur eine Datei, die mit Mitteln der Datenverarbeitung erstellt, auf einem Datenträger aufgezeichnet werden kann und (bereits) in dieser Form maßgeblich ist. Diese Anforderungen erfüllt ein per Telefax übermitteltes Schreiben nicht (so ausdrücklich auch BFH v. 23.8.2022 – VIII S 3/22, NJW 2022, 2951). Unabhängig davon fehlt dem Telefax die nach § 52a Abs. 3 FGO vorgeschriebene Signatur. Außerdem handelt sich bei der Übermittlung per Telefax nicht um einen sicheren Übermittlungsweg i.S.d. § 52a Abs. 3 FGO, da diese Übertragungsart nicht in der abschließenden Aufzählung der sicheren Übermittlungswege in § 52a Abs. 4 FGO enthalten ist.
Dass die dem angegriffenen Verwaltungsakt beigefügte Rechtsmittelbelehrung nicht auf die Modalitäten der Einreichung als elektronisches Dokument hingewiesen habe, sah das Gericht als unschädlich an. Eine Angabe über die Möglichkeit zur elektronischen Rechtsbehelfs- und Rechtsmitteleinlegung sei nicht erforderlich. Sofern dennoch darauf hingewiesen werde reiche ein Hinweis auf § 52a FGO aus.
FG Düsseldorf v. 23.11.2022 – 7 K 504/22 K
3. § 53 Abs. 3 FGO – Übermittlung eines finanzgerichtlichen Urteils an das beA
Der BFH hatte sich mit der elektronischen Zustellung von Urteilen zu befassen. Er kam dabei zu folgenden Ergebnissen:
Finanzgerichtliche Urteile sind gem. § 104 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 2 und § 62 Abs. 6 S. 5 FGO nach der ZPO an den Prozessbevollmächtigten zuzustellen. Daher durfte nach den zurzeit der Zustellung (Mai 2021) geltenden Vorschriften gem. § 174 Abs. 3 S. 1 und 3 ZPO i.d.F. v. 12.12.2019 (ZPO a.F.) sowie in § 174 Abs. 1 S. 1 ZPO a.F., einem Rechtsanwalt ein Urteil als elektronisches Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg i.S.d. § 130a Abs. 4 ZPO a.F. zugestellt werden.
Auch wenn die Signaturprüfung zu dem elektronischen Anwaltspostfach auf ungültige Ergebnisse bzgl. der Signatur der unterzeichnende Richter "wegen fehlender Inhaltsdaten" hinweist, beeinträchtigt dies die Wirksamkeit des Urteils bzw. der Übermittlung nicht, wenn nach dem in der elektronischen Gerichtsakte abgelegten Transfervermerk sämtliche Signaturen geprüft und nicht beanstandet worden sind.
Für den Zeitpunkt der Zustellung gilt das qualifiziert signierte elektronische Empfangsbekenntnis des Prozessbevollmächtigten. Dieses erbringt – gleich einem postalisch zurückgesandten Empfangsbekenntnis – den Beweis für die Entgegennahme und den Zeitpunkt des Empfangs des bezeichneten Schriftstücks.
BFH v. 29.11.2022 – VIII B 141/21
4. § 100 Abs. 3 S. 4 FGO – Fortsetzungsfeststellungsklage nach Erhebung einer Untätigkeitsklage.
Im Fall war gegen die klagende Person ein Einkommensteuerbescheid ergangen, der auf einer Schätzung ihrer gewerblichen Einnahmen aus Straßenprostitution beruhte. Gegen diesen Bescheid erhob sie einen Monat nach fristgerechter Einlegung eines Einspruchs Anfechtungsklage. Eine Einspruchsentscheidung war noch nicht ergangen. Einen Tag nach der Klageerhebung erging ein Abhilfebescheid, mit dem der Beklagte die Steuer auf null Euro festsetzte, da aufgrund der Einschränkun...