a) §§ 52a, 52d FGO – Anträge zur Terminsaufhebung bzw. -verlegung

Nach einem aktuellen Beschluss des BFH darf ein Antrag auf Terminsverlegung bzw. -aufhebung schriftlich gestellt werden und muss nicht über das besondere elektronische Steuerberaterpostfach elektronisch beim Gericht eingereicht werden. Im Streitfall führte der Kläger, der auch Steuerberater war, ein finanzgerichtliches Verfahren, in dem er den Erlass von Säumniszuschlägen begehrte. Am 13.2.2023 beantragte er per Telefax, den Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.2.2023 aufzuheben bzw. zu verschieben. Zur Begründung führte er aus, er sei krankheitsbedingt verhindert und legte eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Das FG wies die bevollmächtigte Steuerberatergesellschaft darauf hin, dass der Antrag nicht gem. § 52d i.V.m. § 52a FGO formgerecht gestellt worden sei und lehnte ihn mit richterlicher Verfügung vom 15.2.2023 u.a. deshalb ab, weil er unwirksam sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erschien für die Klägerseite niemand. Die Klage wurde abgewiesen. Mit seiner NZB rügt der Kläger die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Zu Recht, wie der BFH entschied. Der per Telefax eingereichte Antrag war formwirksam. Eine Einreichung als elektronisches Dokument über das besondere elektronische Steuerberaterpostfach war nicht erforderlich. Nach § 52d S. 1 FGO sind u.a. vorbereitende Schriftsätze sowie deren Anlagen als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ein Antrag auf Terminänderung ist aber kein vorbereitender Schriftsatz i.S.d. dieser Vorschrift. Vorbereitende Schriftsätze dienen der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 S. 1 FGO). Für sie gelten die Vorschriften der § 155 S. 1 FGO, §§ 129, 130 ZPO (Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 77 FGO Rz. 34). Ein Antrag auf Terminänderung betrifft nur die verfahrensrechtliche Frage, ob und zu welchem Zeitpunkt die mündliche Verhandlung stattfindet. Ein derartiger Antrag muss auch nicht nach § 52d S. 1 i.V.m. § 52a FGO schriftlich eingereicht werden. § 155 S. 1 FGO i.V.m. § 227 ZPO normieren nämlich kein Schriftformerfordernis. Vielmehr kann ein derartiger Antrag auch telefonisch gestellt werden (BFH v. 5.5.2020 – III B 158/19, BFH/NV 2020, 905; Feskorn in Zöller, ZPO, § 227 Rz. 24). Daher durfte das FG den Antrag nicht ohne weiteres ablehnen und hätte den Kläger zur Ergänzung seines Vortrags und ggf. gem. § 227 Abs. 2 ZPO zur weiteren Glaubhaftmachung auffordern müssen, wenn es dessen bisherigen Vortrag nicht für ausreichend erachtet (vgl. BFH v. 21.4.2023 – VIII B 144/22, BFH/NV 2023, 859).

BFH v. 23.4.2024 – VIII B 31/23

b) § 78 FGO – Rechtschutzbedürfnis für eine Klage auf Akteneinsicht

Mit einem aktuellen Beschluss hat der BFH entschieden, dass das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf außergerichtliche Gewährung von Akteneinsicht oder für ein hierauf bezogenes Rechtsmittel entfällt, wenn der Steuerpflichtige ein finanzgerichtliches Verfahren in Gang gesetzt hat, in dem die streitgegenständlichen Akten dem Gericht vorgelegt wurden und aus diesem Grund ein umfassendes Recht auf Akteneinsicht gem. § 78 FGO besteht. Im Streitfall wollte der Kläger die Einsichtnahme in die Handakte der Prüferin erreichen, die diese bei einer durchgeführten Ap erstellt hatte. Die diesbezügliche Klage wies das FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 26.7.2021 ab (FG BW v. 26.7.2021 – 10 K 3159/20). Hiergegen legte der Kläger Revision ein, mit der er sein Ziel weiter verfolgte. Zudem hat der Kläger gegen die nach der Ap erlassenen Änderungsbescheide beim FG Baden-Württemberg Klage erhoben. In diesem Verfahren hat das FG hat u.a. die Handakte der Ap beigezogen, in der der Kläger jedoch noch keine Einsicht genommen hatte. Der BFH verwarf die Revision des Klägers als unzulässig. Das für die Revision erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, das eine ungeschriebene Sachurteilsvoraussetzung darstellt (BFH v. 30.8.2023 – X B 58/23), ist entfallen. Fehlt das Rechtsschutzbedürfnis von Anfang an oder fällt es weg, ist bzw. wird der gerichtliche Rechtsbehelf unzulässig (BFH v. 7.6.1994 – IX R 141/89, BStBl. II 1994, 756). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt u.a. dann, wenn es für den Rechtsbehelfsführer einen verfahrensmäßig einfacheren und/oder schnelleren Weg gibt, das angestrebte Rechtsschutzziel zu erreichen (BFH v. 3.7.2014 – III R 53/13, BStBl. II 2015, 282 = AO-StB 2015, 42; Braun in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 40 FGO Rz. 165). Nicht ausreichend ist das Bedürfnis, abstrakte Rechtsfragen klären zu wollen (BFH v. 7.1.2022 – III B 34/01, BFH/NV 2002, 665).

Im Streitfall bedarf es zur Erreichung des Ziels des Klägers, nämlich der Einsichtnahme in die Handakte der Ap, keiner Entscheidung des Senats des BFH im Revisionsverfahren, ob und nach Maßgabe welcher Rechtsgrundlage dem Kläger ein Akteneinsichtsrecht zustehen könnte. Die Handakte wurde durch das FG, bei dem die Klagen gegen die aufgrund der Ap ergangenen Änderungsbescheide anhängig sind, beigezogen. Damit steht dem Kläger gem. § 78 Abs. 1 S. 1 FGO ein Akteneinsichtsrecht zu, das auch diese Handakte umfasst und durch das FG nicht beschränkt werden kann. ...

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