Nach § 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FVG sind die Gemeinden hinsichtlich der Realsteuern, also auch der GewSt, berechtigt, durch ihre Bediensteten an Außenprüfungen des FA im Gemeindebezirk teilzunehmen, wenn der betreffende Steuerpflichtige in der jeweiligen Gemeinde eine Betriebsstätte unterhält oder dort Grundbesitz hat (vgl. FG Düsseldorf v. 19.1.2018 – 1 K 2190/17, AO-StB 2018, 179; zu Einzelheiten vgl. Schmieszek in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 21 FVG Rz. 17 [August 2018]). Inzidenter geht der BFH davon aus, dass die Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten an einer Außenprüfung einen VA darstellt (vgl. bereits BFH v. 23.1.2020 – III R 9/18, BStBl. II 2020, 436 = HFR 2020, 761; gl.A. Schmieszek in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 21 FVG Rz. 20 [August 2018]; Gosch in Gosch, AO/FGO, § 195 AO Rz. 31 [September 2015]).
Das Teilnahmerecht entfällt nicht schon im Grundsatz, weil Vertragsbeziehungen zwischen dem Steuerpflichtigen und der Gemeinde bestehen. Denn ansonsten wäre das Teilnahmerecht der Gemeinde faktisch ausgehöhlt oder die Gemeinde müsste zur Wahrung ihres Teilnahmerechts vorsorglich Vertragsbeziehungen zu den Unternehmen in ihrem Gemeindegebiet vermeiden.
Dies bedeutet, dass nicht bereits die Anordnung rechtswidrig ist, durch welche die Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Außenprüfung angeordnet worden ist, wenn Vertragsbeziehungen zur Gemeinde bestehen.
Allerdings unterliegen die der Gemeinde nach § 21 FVG zustehenden Informationen dem Steuergeheimnis nach § 30 AO. Dabei muss das FA beachten, dass der Gemeinde nur solche Informationen mitgeteilt werden, die für den Gewerbeertrag i.S.d. § 7 GewStG relevant sind. Insoweit muss das FA während der Außenprüfung in den Blick nehmen, ob die Offenbarung bestimmter Informationen der Durchführung des Außenprüfungsverfahrens i.S.d. § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO dient. Die Offenbarungsbefugnis ist am Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu messen (vgl. Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 30 AO Rz. 153 [Juni 2004]; Tormöhlen in Gosch, AO/FGO, § 30 AO Rz. 84 [April 2021]).
Andererseits ist es Sache des Steuerpflichtigen, dem FA während der Prüfung mitzuteilen und zu erläutern, welchen Gegenstand und Umfang die vertraglichen Beziehungen haben, so dass nachvollzogen werden kann, inwieweit schutzwürdige Daten wie z.B. Kalkulationsgrundlagen bzw. Geschäftsgeheimnisse offenbart würden (vgl. auch Schmieszek in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 21 FVG Rz. 17a [August 2018]).
Der BFH wählt hier nicht den Weg, den das FG Düsseldorf in erster Instanz (FG Düsseldorf v. 23.6.2021 – 7 K 656/18 AO, EFG 2021, 1964) gewählt hatte: Nicht die Teilnahme des Gemeindeprüfers ist per se rechtswidrig, sondern es ist eine Abwägung geboten, welche Informationen so sensibel sind, dass sie unter dem Aspekt des Steuergeheimnisses als Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis (zu diesem Begriff vgl. Tormöhlen in Gosch, AO/FGO, § 30 AO Rz. 69 [April 2021]) schutzwürdig und -bedürftig sind. Dies könne nicht abstrakt beurteilt werden, sondern nur in der konkreten Situation der Außenprüfung.
BFH v. 20.10.2022 – III R 25/21
Service: Bruschke, Überprüfung von Schätzungen im gerichtlichen Verfahren, AO-StB 2022, 394; abrufbar unter steuerberater-center.de