Vor dem Hintergrund der systematischen Erwägungen des erkennenden Senats ist auch der in dem Urteil angeführte Gesetzentwurf für den § 35 EStG vom 15.2.2000 von Interesse, da dieser die Verankerung eines rechtsformspezifischen Aufteilungsschlüssels im Gesetzeswortlaut vorsah. Dieser sollte sich ergeben aus dem Verhältnis
- des dem phG zuzurechnenden Gewinnanteils zzgl. der von ihm erzielten Vergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG
- zur Summe aller Gewinnanteile und aller Vergütungen der phG zzgl. des Gewinns der KGaA.
Beachten Sie: Dies ist insofern bemerkenswert, als die zum Zeitpunkt des Entwurfs geltende Fassung der Zuordnungsnorm § 8 Nr. 4 GewStG bereits ausschließlich die Hinzurechnung der Gewinnanteile der phG vorsah, die auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt worden sind.
Demgegenüber umfasste auch die zum Zeitpunkt des Entwurfs geltende Fassung des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG insbesondere sämtliche Vergütungen, die der Gesellschafter für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat. Insoweit ergeben sich keine Unterschiede gegenüber der heutigen Rechtslage.
Unterschiedliche gesetzliche Anwendungsbereiche: Der Anwendungsbereich des § 8 Nr. 4 GewStG ist damit gegenüber dem Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG insoweit enger,
- als Tätigkeitsvergütungen, die nicht für die Geschäftsführung gewährt werden,
- sowie Vergütungen für die Hingabe von Darlehen und für die Überlassung von Wirtschaftsgütern
nicht erfasst sind. Diese Vergütungen werden auf Ebene der KGaA nach den allgemeinen Vorschriften über die Gewinnermittlung gewinnmindernd berücksichtigt (z.B. als Mietaufwendungen). Eine Einbeziehung dieser Vergütungen in den rechtsformspezifischen Verteilungsschlüssel für Zwecke des § 35 EStG würde somit dazu führen, dass Gewinnanteile von der GewSt entlastet würden, die auf Ebene der KGaA tatsächlich nicht der GewSt unterlegen haben.
Für eine systematische Einordnung dieses Ergebnisses ist jedoch eine Gesamtbetrachtung des für die phG einer KGaA geltenden Besteuerungsregimes erforderlich. Diese begründen mit den von ihnen erzielten Einkünften i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG nach der laufenden Rechtsprechung für sich genommen keine GewSt-Pflicht. Jedoch unterliegen diese Einkünfte auf Ebene der phG der GewSt, wenn
- kraft Rechtsform eine GewSt-Pflicht besteht (wie insbesondere bei der GmbH & Co. KG), oder
- die Grenze zu einer originär gewerblichen Tätigkeit überschritten wird.
In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Besteuerung von i.R.d. KGaA erzielten Einkünften mit GewSt auf Ebene der phG eine Abweichung von dem für Mitunternehmer geltenden transparenten Besteuerungsregime darstellt, da bei letzteren sämtliche Gewinnanteile und Sondervergütungen ausschließlich auf Ebene der Gesellschaft der GewSt unterliegen. Beachten Sie: Nur soweit diese Einkünfte nach § 8 Nr. 4 GewStG dem Gewerbeertrag der KGaA hinzugerechnet wurden, wird der Gewerbeertrag auf Ebene des phG nach § 9 Nr. 2b. GewStG gekürzt. Im Ergebnis verbleiben im Gewerbeertrag des phG somit nur
- die Vergütungen für Tätigkeiten, die nicht die Geschäftsführung zum Gegenstand haben, sowie
- die Vergütungen für die Hingabe von Darlehen und für die Überlassung von Wirtschaftsgütern,
da die Anwendungsbereiche des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG und des § 8 Nr. 4 GewStG nur insoweit inkongruent sind.
Folgt man somit der Ansicht des BFH hinsichtlich einer rechtsformspezifischen Auslegung des § 35 EStG, so würde man zu dem – zunächst schlüssig erscheinenden – Ergebnis kommen, dass die Gewinnanteile des phG, die § 8 Nr. 4 GewStG unterfallen, auf Ebene der KGaA der GewSt unterliegen und der phG von der rechnerisch auf diese Gewinnanteile entfallenden GewSt nach § 35 EStG entlastet würde. Weiter würden die übrigen Gewinnanteile nach Maßgabe der §§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG, 9 Nr. 2b GewStG auf Ebene des phG der GewSt unterliegen, wofür dieser wiederum nach § 35 EStG entlastet würde.
Demgegenüber erscheint die in der BT-Drucks. 14/2683 vorgeschlagene Regelung auf den ersten Blick insoweit überschießend, als die Entlastung für die Gewinnanteile, die auf Ebene des phG der GewSt unterliegen, diesem ein zweites Mal aus der Ebene der KGaA gewährt würde, ohne dass diese Einkünfte auch dort der GewSt zugeführt würden. Im Ergebnis käme es damit zu einer – vom Gesetzgeber in anderen Regelungszusammenhängen eher selten gewollten – doppelten Entlastung.
Zwischenfazit: Das durch den BFH entworfene Modell indes erscheint systematisch nachvollziehbarer.