Rechtsformspezifische Besonderheiten
[Ohne Titel]
Sebastian C. Schütz, RA (Syndikus-RA) / Dipl.- Finw. (FH) Christian Jasch, LL.M.
In seinem Urteil v. 24.1.2024 (BFH v. 24.1.2024 – I R 54/20, GmbH-StB 2024, 274 [Schütz/Jasch] [in dieser Ausgabe]) befasst sich der I. Senat des BFH mit dem Aufteilungsmaßstab für die Allokation des Gewerbesteuermessbetrags auf die persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA. Das Urteil beschäftigt sich insbesondere mit rechtsformspezifischen Besonderheiten, die sich bei der Anwendung des § 35 EStG auf eine KGaA ergeben. Auf diese gehen die Autoren in ihrem Beitrag ein.
I. Gewerbesteuerliche Einordnung der KGaA und ihrer phG
Bei der KGaA handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft (§ 278 Abs. 1 AktG), so dass bereits aufgrund der Rechtsform keine Mitunternehmerschaft vorliegen kann.
Analoge Anwendung des § 35 Abs. 2 S. 2 EStG: Die mit
- gesetzessystematischen und
- gesetzeshistorischen
Argumenten begründete analoge Anwendung des grundsätzlich nur auf Mitunternehmer anzuwendenden § 35 Abs. 2 S. 2 EStG auf phG einer KGaA entspricht indes der Ansicht
- der Finanzverwaltung und
- der h.M. in der Literatur.
1. Allgemeiner Gewinnverteilungsschlüssel i.S.d. § 35 Abs. 2 S. 2 EStG
Einer genaueren Betrachtung bedarf es hingegen hinsichtlich der i.R.d. Urteils vorgenommenen rechtsformspezifischen Auslegung des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels i.S.d. § 35 Abs. 2 S. 2 EStG. Technisch dient dieser der Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags (GewSt-Messbetrags)
- auf die phG einerseits und
- auf die Kommanditaktionäre, bei denen eine Anrechnung der GewSt nicht möglich ist, andererseits.
Verwaltungsauffassung: Nach der geltenden Verwaltungsauffassung sollen sich insoweit keine Besonderheiten gegenüber der Anwendung auf Mitunternehmerschaften ergeben.
Anders der BFH: Hingegen sieht der BFH den Zweck der GewSt-Anrechnung nach § 35 EStG, soweit es die KGaA betrifft, in der Entlastung der Gesellschafter von der auf die nach § 8 Nr. 4 GewStG dem Gewerbeertrag der KGaA hinzuzurechnenden Gewinnanteile der phG entfallenden GewSt.
2. Die Funktion des § 8 Nr. 4 GewStG bei der KGaA
Bei § 8 Nr. 4 GewStG handelt es sich um eine der Vorschriften, die der Eigenschaft der KGaA als Mischform aus
- Personengesellschaft und
- Kapitalgesellschaft
Rechnung trägt.
a) Ertragsteuerliche Aspekte bei der KGaA
Gesellschaftsebene: Die KGaA
- ist zwar unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG),
- jedoch sind die nicht auf das Grundkapital entfallenden Gewinnanteile des phG sowie die auf diesen entfallenden Tantiemen für die Geschäftsführung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG bei der KGaA für Zwecke der Körperschaftsteuer abzugsfähig.
Gesellschafterebene: Korrespondierend erfolgt die Besteuerung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG auf Ebene der Gesellschafter.
Umsetzung des für Mitunternehmer geltenden Besteuerungsregimes: Durch
- diese Abspaltung von dem Steuersubstrat der KGaA als Körperschaftsteuersubjekt und
- die Zurechnung zu dem – dem transparenten Besteuerungsregime unterliegenden – phG
wird die Besteuerung des phG entsprechend des für Mitunternehmer geltenden Besteuerungsregimes umgesetzt.
b) Gewerbesteuerliche Aspekte
Soweit es die GewSt betrifft, erfolgt die Besteuerung jedoch auch bei Personengesellschaften auf Ebene der Gesellschaft, da der Gewerbebetrieb als Steuergegenstand nach § 2 Abs. 1 GewStG für Rechnung der Gesellschaft betrieben wird, so dass diese gem. § 5 Abs. 1 GewStG die Steuerschuldnerin ist. Insoweit ergeben sich grundsätzlich keine Unterschiede zu dem für Kapitalgesellschaften geltenden Besteuerungsregime.
Notwendigkeit einer Hinzurechnung: Da maßgeblich für die Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 S. 1 GewStG jedoch namentlich auch die Vorschriften des KStG sind, ergibt sich für KGaA die Notwendigkeit einer Hinzurechnung der dort nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG abgezogenen Gewinnanteile der phG.
Diese Funktion kommt § 8 Nr. 4 GewStG zu. Es handelt sich um die korrespondierende Vorschrift zu § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG, die somit ihrer systematischen Funktion nach
- weniger als Hinzurechnungsnorm,
- denn vielmehr als "reine Zuordnungsnorm"
zu sehen ist. Nach h.M. ist der Anwendungsbereich beider Vorschriften daher identisch.
II. Rechtsformspezifische Auslegung durch den BFH
Vor diesem Hintergrund erschließen sich die Überlegungen des BFH hinsichtlich einer rechtsformspezifischen Auslegung des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels i.S.d. § 35 Abs. 2 S. 2 EStG. So verfolg...