Leitsatz
Erbbauzinsen sind auch dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Kalenderjahr ihrer Leistung sofort abziehbar, wenn sie in einem Einmalbetrag vorausgezahlt werden (gegen BMF-Schreiben vom 10.12.1996, BStBl I 1996, 1440).
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG , § 11 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Zweck der Klägerin, einer GbR, ist die Errichtung und Vermietung einer Sport- und Mehrzweckhalle auf einem städtischen Erbbaugrundstück, für das sie einen dinglichen Erbbauzins von 28.400 DM im ersten Jahr sowie für das zweite bis neunundneunzigste Jahr jeweils 103 % des Vorjahresbetrags zahlen sollte. Auf Verlangen des Eigentümers sollte der Anspruch auf Zahlung des Erbbauzinses für die gesamte Laufzeit von 99 Jahren durch eine Vorauszahlung von 568.000 DM abgegolten werden. Die auf dem Grundstück zu errichtende Sport- und Mehrzweckhalle vermietete die Klägerin an die Stadt und zahlte noch im Streitjahr den Vorauszahlungsbetrag von 568.000 DM zur Abgeltung des gesamten Erbbauzinsanspruchs.
Im Rahmen ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Streitjahr machte die Klägerin die Vorauszahlungen als Werbungskosten geltend. Das FA behandelte die vorausgezahlten Erbbauzinsen dagegen als Anschaffungskosten des Erbbaurechts, die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG entsprechend dem BMF, Schreiben vom 10.12.1996 (BStBl I 1996, 1440) auf die Nutzungsdauer verteilt abzusetzen seien. Der Sprungklage der Kläger gab das FG statt; dagegen richtet sich die Revision des FA.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH hat das FG die vorausgezahlten Erbbauzinsen mit zutreffenden Erwägungen als Werbungskosten von den Einnahmen der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung abgezogen, weil es sich um sofort abziehbare Werbungskosten handelt.
Hinweis
Erbbaurechtszinsen sind Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG (vgl. BFH, Urteil vom 10.11.1961, VI 283/60 U, BStBl III 1962, 54).
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 ErbbauV finden die Vorschriften des BGB über die Reallasten entsprechende Anwendung, wenn für die Bestellung des Erbbaurechts – wie hier – ein Entgelt in wiederkehrenden Leistungen (Erbbauzins) ausbedungen wird. Demgemäß kann nach § 1105 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück zu entrichten sind (Reallast). Das ist nach § 1 Abs. 1 ErbbauV das veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben. Der Grundstückseigentümer muss diese Nutzung dulden und erhält dafür den Erbbauzins, den er als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung und nicht als Veräußerungsentgelt zu erfassen hat (BFH, Urteil vom 17.7.2001, IX R 41/98, BFH/NV 2002, 18 m.w.N.).
2. Dies gilt gleichermaßen, wenn die Erbbauzinsen – was zivilrechtlich zulässig ist (vgl. Palandt/ Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 62. Aufl. 2003, § 9 ErbbRVO Rz. 1) – in einem Einmalbetrag geleistet werden. Ein Nutzungsentgelt wird nicht zu Anschaffungskosten des Rechts, wenn es vorausgezahlt wird (vgl. zu Pachtvorauszahlungen BFH, Urteil vom 11.10.1983, VIII R 61/81, BStBl II 1984, 267; a.A. BMF vom 10.12.1996, BStBl I 1996, 1440; Stuhrmann, Stbg 1997, 108 f.). Folglich sind vorausgezahlte Erbbauzinsen gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG im Jahr der Zahlung in voller Höhe abziehbar; sie können nicht über die Dauer der Gegenleistung verteilt werden (BFH, Urteil vom 23.4.1991, IX R 86/89, BStBl II 1991, 712). Sie sind nur dann beim Erbbauberechtigten aktiv abzugrenzen, wenn dieser – was hier nicht der Fall ist – seinen Gewinn nach den § 4 Abs. 1, § 5 EStG ermittelt (§ 11 Abs. 2 Satz 3 EStG).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.9.2003, IX R 65/02