Ein Anspruch auf Schadenersatz gegen die Finanzverwaltung aufgrund einer Amtspflichtverletzung kommt nur in Betracht, wenn kein Haftungsausschluss vorliegt.
Einschränkungen des Schadenersatzanspruchs
3.7.1 Subsidiaritätsklausel
Der Geschädigte hat bei fahrlässigem Handeln des Amtsträgers nur dann einen Amtshaftungsanspruch, wenn er nicht auf andere Weise (d. h. von einem Dritten) Ersatz verlangen kann (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB), was er – der Geschädigte – darzulegen und zu beweisen hat.
Obwohl diese Subsidiaritätsklausel ursprünglich den Sinn hatte, den persönlich haftenden leistungsschwachen Beamten zu schützen und seine Entschlussfreude zu fördern, ist sie auch im Rahmen der Amtshaftung gem. Art. 34 GG grds. anwendbar, obwohl sie vom Gesetzeszweck her obsolet geworden ist.
Realistische Ersatzmöglichkeit führt zur fehlenden Begründetheit einer Amtshaftungsklage
Solange eine anderweitige Ersatzmöglichkeit ernsthaft in Betracht kommt, wird eine Klage als derzeit unbegründet abgewiesen.
Die Subsidiaritätsklausel (auch Verweisungsprivileg genannt) wird in folgenden Fällen für nicht anwendbar erklärt:
- bei Gesamtschuldnern,
- bei Ersatzansprüchen gegen einen anderen Hoheitsträger ("Einheit der öffentlichen Verwaltung", da die öffentliche Hand den Anspruch sowieso bedienen muss),
- wenn die Durchsetzung des anderweitigen Anspruchs nicht zumutbar oder (rechtlich oder wirtschaftlich) ungewiss ist oder sich nicht in angemessener Zeit realisieren lässt (z. B. bei Vermögenslosigkeit des Anspruchsgegners, Vollstreckung im Ausland), d. h. bei höchst zweifelhaften Erfolgsaussichten,
- wenn sich der Geschädigte andere Anspruchsmöglichkeiten durch Beitragszahlungen "erkauft" hat (z. B. Lohnfortzahlung, Versicherungsleistung), denn die Versicherungsleistung hat nicht das Ziel, staatliches Unrecht auszugleichen.
Zu berücksichtigen ist, dass die Gerichte zunehmend auch die Haftung des eingeschalteten Rechtsanwalts oder Steuerberaters prüfen.
3.7.2 Spruchrichterprivileg
Eine Amtshaftung für Rechtsfehler in der Rechtsprechungstätigkeit von Richtern ist in der deutschen Rechtsordnung nur unter sehr strengen Voraussetzungen vorgesehen. Wegen des sog. Spruchrichterprivilegs des § 839 Abs. 2 BGB kommt bei einem Urteil in einer Rechtssache ein Amtshaftungsanspruch nur in Betracht, wenn die (vorsätzlich begangene) Amtspflichtverletzung strafbar ist (Richterbestechlichkeit nach § 332 Abs. 2 StGB, Rechtsbeugung nach § 339 StGB). Der Sinn des Spruchrichterprivilegs wird zum Teil im Schutz der richterlichen Unabhängigkeit, überwiegend aber im Schutz der Rechtskraft staatlicher Urteile vor einer erneuten Sachprüfung gesehen. Ansonsten müsste jedes Urteil, auf das sich der Schadenersatzanspruch stützt, inzident überprüft werden. Damit würde die richterliche Unabhängigkeit infrage gestellt. Würden auch gerichtliche Urteile Amtshaftungsansprüche auslösen, so könnten diese in der Sache nicht rechtskräftig werden. Selbst wenn die formelle Rechtskraft eingetreten wäre, könnte die unterlegene Prozesspartei auf dem Umweg über einen Anspruch nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG di...