Grundlagen, Wirtschaftsguteigenschaft und bilanzielle Erstbewertung
[Ohne Titel]
Dipl.-Kffr. Dr. Isabel Gabert-Pipersberg, LL.M.
Eine Aktivierung von Kunstgegenständen kommt auch bei Unternehmen in Betracht, die nicht primär in der Kunstbranche tätig sind. Zum einen ist es mittlerweile nicht außergewöhnlich, dass Großunternehmen und zunehmend auch mittelständische Unternehmen unterschiedlicher Branchen eigene Kunstsammlungen (sog. Corporate Art Collections) unterhalten (s. hierzu Heuer, NJW 2008, 689 [691]; Roos, DStR 2020, 1753). Zum anderen werden Kunstgegenstände wie Gemälde oder Skulpturen von Unternehmen auch in kleinerem Umfang angeschafft, mit dem Zweck, Geschäfts- und Büroräume zu verschönern. Neben analoger Kunst hat vor einigen Jahren die neue Erscheinungsform der Kryptokunst (auch als "Kunst-Token" oder "Kunst-NFT" bezeichnet) Einzug in den Kunstmarkt erhalten. Es ist daher davon auszugehen, dass auch Kryptokunst von Unternehmen erworben wird und damit Eingang in die Bilanzen findet. Neben einer Darstellung der wirtschaftlichen Bedeutung von Kryptokunst und ihrer technischen Funktionsweise geht dieser Aufsatz auf die Besonderheiten von Kryptokunst im Vergleich zu analoger Kunst bei der bilanziellen Erstbewertung einschließlich Fragen zur Einordnung als Wirtschaftsgut ein.
I. Einleitung
Abstrakte/konkrete Aktivierungsfähigkeit: Kunstgegenstände können Teil des Betriebsvermögens (BV) sein, wenn sie abstrakt und konkret aktivierungsfähig sind. Beachten Sie:
- Erfüllen Kunstgegenstände die Merkmale des positiven Wirtschaftsgutes, sind sie abstrakt aktivierungsfähig.
- Steht dem Bilanzansatz eines abstrakt aktivierungsfähigen Wirtschaftsguts kein Aktivierungsverbot entgegen, ist es konkret aktivierungsfähig.
Veranlassungsprinzip: Nach dem Veranlassungsgedanken gehören Kunstgegenstände wie andere Wirtschaftsgüter dann zum BV, wenn sie aus betrieblicher Veranlassung angeschafft, hergestellt oder eingelegt werden. Eine betriebliche Veranlassung ist nach Auffassung des BFH anzunehmen, wenn ein objektiver wirtschaftlicher oder tatsächlicher Zusammenhang zum Betrieb besteht.
Gewillkürtes BV: Bei Unternehmen, die nicht in der Kunstbranche tätig sind, aber Kunstgegenstände erworben oder gar eine Kunstsammlung aufgebaut haben, können Kunstgegenstände dem gewillkürten BV zugerechnet werden, wenn sie objektiv dazu geeignet und subjektiv dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördern. Dies ist bei herkömmlicher Kunst z.B. dann der Fall, wenn sie in den Räumlichkeiten des Unternehmens ausgestellt wird. Bei Kryptokunst kann diese Voraussetzung z.B. durch eine Präsentation des Kunstwerks auf der Unternehmenswebsite oder in den sozialen Medien erfüllt sein.
Notwendiges BV: Eine Zuordnung zum notwendigen BV aufgrund des Veranlassungszusammenhangs ergibt sich insbesondere bei Betrieben, die Kunsthandel betreiben (wie Galerien oder Antiquariate), schon aus dem Geschäftszweck.
Da NFT derzeit noch keinen speziellen gesetzlichen Regelungen unterliegen, werfen sie in unterschiedlichen Rechtsgebieten zahlreiche Fragen auf, so auch im Steuerrecht.
Wirtschaftliche Besonderheiten von Kryptokunst: Für die Beurteilung, ob und wie Kunst-NFT in der Steuerbilanz anzusetzen und zu bewerten sind, ist es unerlässlich, die wirtschaftlichen Besonderheiten von Kryptokunst im Vergleich zu herkömmlicher, analoger Kunst und ihren technischen Hintergrund zu kennen.