Betreffend Kryptowerte wurde in der Literatur und Rechtsprechung kontrovers diskutiert, ob diese als Wirtschaftsgut anzusehen sind. Für Kryptowährungen hat der BFH unter maßgeblichem Abstellen auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise entschieden, dass bestimmte currency token, die zu den fungible token gehören, die Eigenschaften eines Wirtschaftsguts erfüllen. In seinem Urteil betreffend Kryptowährungen legt der BFH den Begriff des Eigentümers weit aus und stellt bei der Zurechnung nach § 39 Abs. 1 AO darauf ab, wer die faktische Berechtigung innehat, über den token im Sinne einer "unbeschränkten Herrschaftsmacht" zu verfügen. Dies sei bei fungible token bei Kenntnis des private key gegeben, was auch auf NFT übertragen wird. Damit scheint klar, dass auch ein Kunst-NFT, der ein Recht vermittelt, die Eigenschaften eines Wirtschaftsguts erfüllt.
NFT und referenziertes Kunstwerk = einheitliches Wirtschaftsgut? Allerdings wird betreffend Kryptokunst diskutiert, ob
- der NFT und
- das referenzierte Kunstwerk
als einheitliches Wirtschaftsgut anzusehen sind.
Um dies zu beantworten, sollte beachtet werden, dass der NFT und das referenziertes Kunstwerk ontologisch und rechtlich gerade unterschiedliche Objekte sind und der Erwerb eines NFT keine Rechte am verlinkten Kunstwerk vermittelt; denn mit dem Erwerb eines Kunst-Token wird kein Eigentum an dem verknüpften Kunstwerk im zivilrechtlichen Sinne und auch kein wirtschaftliches Eigentum erlangt. Ohne eine ausdrückliche Vereinbarung wird i.d.R. auch kein exklusiver Zugriff auf das verlinkte Kunstwerk erworben.
Vielmehr bewirkt die Übertragung eines NFT lediglich, dass
- der Erwerber in der Blockchain als Owner des NFT registriert ist und
- auf den Kunst-Token, als digitalen Vermögenswert zugreifen und über ihn – nicht aber über das referenzierte Kunstwerk – verfügen kann.
Zwischenfazit: Somit bilden der NFT und das referenzierte Kunstwerk kein einheitliches Wirtschaftsgut. Aber auch, wenn nur das Recht am NFT und nicht am referenzierten Kunstwerk besteht, ist dennoch vom Vorliegen eines Wirtschaftsguts auszugehen.
Kunst-Token erfüllen die Eigenschaften eines Wirtschaftsguts, weil sie selbständig be- und verwertbar, verkehrsfähig und – z.B. bei Auktionen, in Galerien oder auf den gängigen NFT-Handelsplattformen – einzeln veräußerbar sind und sie einen eigenen wirtschaftlichen Wert besitzen.
Beraterhinweis Jedoch sollte aufgrund der Vielzahl von technischen Ausgestaltungen immer geprüft werden, ob im Einzelfall eine andere Beurteilung nötig ist.
Bei Kryptokunst handelt es sich um immaterielle Wirtschaftsgüter. Vor dem Hintergrund, dass – wie bereits dargestellt – NFT und verlinktes Kunstwerk rechtliche unterschiedliche Objekte sind und mit Erwerb des Kunst-NFT keine Rechte am verlinkten Kunstwerk entstehen, kann es für die Einstufung als immaterielles Wirtschaftsgut nicht auf die Eigenschaft des referenzierten Kunstwerks (original digitale Kunst oder digital twin eines analogen Kunstwerks) ankommen.